Die gefährliche Fusion von Tumor- und Stammzellen

US-amerikanische Krebsstiftung fördert Wittener Tumorimmunologen

03.05.2007

chronische Entzündungen ziehen Stammzellen des Knochmarks magisch an. Bislang ist bekannt, dass sich diese Stammzellen, die in ihrer Multifunktionalität eigentlich als Retter in der Not zum Entzündungsherd gelangen, unter chronischen Bedingungen zu Krebszellen entwickeln können. Aus gut wird böse. Immer mehr Wissenschaftler vermuten darüber hinaus, dass aus Knochenmarks- und Gewebestammzellen auch so genannte Krebsstammzellen hervorgehen können, die besonders gefährlich sind, denn ihnen werden verschiedene, heilungshemmende Eigenschaften, wie z.B. die Resistenz gegenüber Chemotherapeutika zugesprochen.

Ein Forscherteam der Universität Witten/Herdecke (UWH) hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese noch weitestgehend unerforschten Prozesse zu entschlüsseln. Den Wissenschaftlern um Prof. Dr. Thomas Dittmar, Juniorprofessor für Tumorimmunologie am Institut für Immunologie an der biowissenschaftlichen Fakultät, ist es im Labor gelungen, Brustkrebszellen und Bruststammzellen zu fusionieren, d. h. die Verschmelzung dieser Zellen zu erzeugen. Mit diesem europaweit einzigartigen Forschungsergebnis verfügen die Wissenschaftler jetzt über die wichtigste Voraussetzung, um die Rolle von Stammzellen bei einer Krebserkrankung näher zu untersuchen. Durch ihre Erfolge haben die Wittener Forscher jetzt die Aufmerksamkeit der US-amerikanischen Krebsforschungsgesellschaft National Cancer Center Foundation auf sich gezogen. In der Folge fließen nun Gelder aus den USA an die Wittener Universität. "Das deutsche Krebsforscher Geld der National Cancer Center Foundation bekommen, ist ungewöhnlich. Offensichtlich waren unsere Forschungsergebnisse überzeugend," kommentiert Prof. Dittmar diesen äußerst seltenen Vorgang.

Der untersuchte Prozess der Zellfusion ist bereits seit einigen Jahren in Expertenkreisen ein Thema. Der Begriff der "Krebsstammzelle" steht dabei im Fokus. Bei der Fusion einer Tumorzelle mit einer Stammzelle entsteht eine einzigartige Hybridzelle, die die jeweiligen spezifischen Eigenschaften der Tumorzelle und Stammzelle in sich vereinigt. Von Stammzellen ist bekannt, dass sie nahezu unsterblich und unempfindlich gegenüber Zellgiften sind, da sie über "Pumpensysteme" verfügen, die Gifte aktiv aus der Zelle befördern. Zu solchen Zellgiften gehören auch Chemotherapeutika. Diese unglückselige Verbindung schafft folglich eine besonders aggressive und schwer zu bekämpfende Krebszelle. Wie Zellfusionen zur Progression einer Krebserkrankung beitragen, werden die Wittener Forscher in den nächsten Jahren näher untersuchen. "Krebsstammzellen sind aus zweierlei Sicht interessant", erläutert Prof. Dr. Thomas Dittmar. "Zum einen handelt es sich hierbei um tumorinitiierende Zellen, d.h. aus ihnen erwächst ein Tumor und von daher sind sie sehr wahrscheinlich an der Metastasenbildung beteiligt. Zum anderen spielen Krebsstammzellen, da sie resistent gegenüber Chemotherapeutika sind, sehr wahrscheinlich eine große Rolle bei der Rezidivbildung, d.h. wenn der Krebs nach überstandener Therapie wieder auftaucht. Neue Ansätze in der Krebstherapie werden daher auf Krebsstammzellen abzielen, da hierdurch sowohl die Metastasen- und Rezidivbildung bekämpft werden."

Bereits nachweisen konnten die Wittener Wissenschaftler, dass Hybridzellen ein schnelleres Wachstum besitzen und ein anderes Wanderungsverhalten als die Elternzellen aufweisen. Darüber hinaus sind die verschiedenen Hybridzellen untereinander sehr unterschiedlich. "Im Körper passieren genau dieselben Prozesse, wie in unseren Kulturgefäßen", erläutert Prof. Dr. Thomas Dittmar. "Wir sind optimistisch, dass unsere Forschung wertvolle Erkenntnisse über den Einfluss von Stammzellen bei Krebserkrankungen beitragen wird."

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