Bollwerk im Kampf gegen Viren – neues bakterielles Immunsystem entschlüsselt
Erstmals Struktur und Funktionsweise des Zorya-Systems beschrieben
Das Zorya-System erkennt Phagenangriffe und aktiviert eine frühzeitige und präzise Abwehr, die das Virus unschädlich macht, ohne dass die Wirtszelle abstirbt. „Zorya ist wie ein Frühwarnsystem mit einem Schutzschild. Es erkennt die ersten Anzeichen eines Angriffs und reagiert blitzschnell, um den Eindringling abzuwehren“, erklärt Prof. Marc Erhardt, Leiter der Arbeitsgruppe Molekulare Mikrobiologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und einer der Hauptautoren der Studie.
Molekulares Bollwerk gegen Phagen
Die Untersuchung des Zorya-Systems anhand modernster Methoden wie Kryo-Elektronen- und Fluoreszenzmikroskopie zeigt, dass es aus einem einzigartigen molekularen Motor und mehreren spezialisierten Komponenten besteht. Dieser Motor erkennt frühzeitig Veränderungen in der Zellhülle, die durch eindringende Phagen verursacht werden, und löst eine Abfolge von Schutzreaktionen aus. Durch diesen bisher unbekannten Mechanismus kann die Bakterienzelle die Phagen-DNA gezielt abbauen, so dass das Virus sich nicht in der Wirtszelle vermehren kann. Das ist bemerkenswert, denn in der Regel verhindern Bakterien die Vermehrung der Phagen, indem sie den Zelltod einleiten, sich also selbst „opfern“. „Die Entschlüsselung des Zorya-Systems war wie das Öffnen einer Schatztruhe“, sagt Erhardt. „Man entdeckt immer wieder neue Facetten dieses molekularen Meisterwerks.“
Um die Struktur der Protein-Komplexe zu analysieren wurden Proben mithilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie innerhalb von Sekundenbruchteilen auf sehr niedrige Temperaturen bis zu -260 °C heruntergekühlt. Diese Schockgefrierung verhindert die Bildung von Eiskristallen, so dass Moleküle in ihrer natürlichen Form erhalten bleiben. Die Fluoreszenzmikroskopie wiederum ermöglichte den Einblick in die Interaktion der Virenpartikel mit den Bakterienzellen.
Neue Möglichkeiten für biotechnologische Anwendungen
Die Entschlüsselung dieses Viren-Abwehrsystems hat weitreichende Implikationen: Sie trägt einerseits dazu bei, die Mechanismen der Phagen-Bakterien-Interaktion besser zu verstehen. Andererseits eröffnen die Erkenntnisse neue Möglichkeiten für biotechnologische Anwendungen. „Das Zorya-System könnte als Grundlage für die Entwicklung innovativer Werkzeuge dienen, um gezielt genetisches Material zu manipulieren oder um neuartige Therapien gegen bakterielle Infektionen zu entwickeln“, ergänzt Prof. Philipp Popp, Gastprofessor am Institut für Biologie und Mitautor der Studie. Auch die Entwicklung der mit dem Nobelpreis ausgezeichneten CRISPR-Cas-Methode für die Genom-Editierung geht auf ein in den 2000er Jahren entdecktes Immunitätssystem von Bakterien zum Schutz vor Viren zurück. Die vorliegende Arbeit ist für Philipp Popp auch ein Beispiel für die Schönheit der molekularen Biologie: „Es ist faszinierend zu sehen, welche eleganten Überlebensstrategien Bakterien entwickeln. Zorya zeigt uns, wie viel wir noch über diese winzigen, aber unglaublich komplexen Organismen lernen können.“
Originalveröffentlichung
Haidai Hu, Philipp F. Popp, Thomas C. D. Hughes, Aritz Roa-Eguiara, Nicole R. Rutbeek, Freddie J. O. Martin, Ivo Alexander Hendriks, Leighton J. Payne, Yumeng Yan, Dorentina Humolli, Victor Klein-Sousa, Inga Songailiene, Yong Wang, Michael Lund Nielsen, Richard M. Berry, Alexander Harms, Marc Erhardt, Simon A. Jackson, Nicholas M. I. Taylor; "Structure and mechanism of the Zorya anti-phage defense system"; Nature, 2024-12-11
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Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie
Die Fluoreszenzmikroskopie hat die Life Sciences, Biotechnologie und Pharmazie revolutioniert. Mit ihrer Fähigkeit, spezifische Moleküle und Strukturen in Zellen und Geweben durch fluoreszierende Marker sichtbar zu machen, bietet sie einzigartige Einblicke auf molekularer und zellulärer Ebene. Durch ihre hohe Sensitivität und Auflösung erleichtert die Fluoreszenzmikroskopie das Verständnis komplexer biologischer Prozesse und treibt Innovationen in Therapie und Diagnostik voran.
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