Auf der Suche nach Antibiotika-Alternativen

Leibniz-Institut DSMZ intensiviert Forschung an Bakteriophagen

10.02.2016 - Deutschland

Bakteriophagen erleben in der Wissenschaft gerade eine Renaissance. Weil die klassische Antibiotikatherapie immer häufiger an resistenten Keimen scheitert, suchen Wissenschaftler weltweit intensiv nach Alternativen. Bakteriophagen können als Alternative zu Antibiotika eine wichtige Rolle spielen. Das Leibniz-Institut DSMZ intensiviert daher die Phagen-Forschung inhaltlich und personell.

Bakteriophagen oder kurz einfach Phagen sind Viren, die auf Bakterien als Wirtszellen spezialisiert sind. Sie befallen ausschließlich Bakterienzellen und nutzen sie für ihre eigene Vermehrung. Die Bakterien gehen dabei zugrunde. Ein Vorteil ist ihre spezifische Wirksamkeit. Im Unterschied zu Antibiotika greifen Phagen nur jeweils Keime einer Bakterienart an. Die wichtigen Darmbakterien bleiben erhalten.

Schon jetzt ist die DSMZ, die Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig, eines der führenden Bakteriophagen-Forschungsinstitute und Heimat der größten Phagen-Sammlung Deutschlands. Dieses Archiv wird in den kommenden Jahren massiv ausgebaut und Grundlage für verschiedene Anwendungsgebiete sein.

„An erster Stelle steht dabei die Suche nach geeigneten Phagen für den medizinischen Einsatz“, sagt Dr. Christine Rohde, Phagen-Expertin der DSMZ. Besonders intensiv sucht sie mit ihrem Team nach Phagen, die gegen die gefürchteten, multiresistenten sogenannten Krankenhauskeime eingesetzt werden können. Nur ausgewählte, sich schnell fortpflanzende und molekularbiologisch umfassend charakterisierte Phagen können in einer zukünftigen Phagentherapie zum Einsatz kommen. „Wir brauchen daher eine noch deutlich größere Zahl verschiedener Phagen, um mit ihnen umfangreich experimentieren zu können“, erläutert Rohde. Aktuell lagern an der DSMZ rund 450 Bakteriophagen. In 2016 wollen die Experten diese Zahl verdoppeln.

Ihre Forschungsobjekte finden die Wissenschaftler beispielsweise in Kläranlagen. „Überall dort, wo sich Bakterien tummeln, findet man auch Bakteriophagen“, so Rohde. Die aus der Wasserprobe isolierten Phagen werden im Labor vermehrt und auf ihre Wirksamkeit gegen Bakterien erprobt. Danach werden sie in einem komplexen Prozess soweit aufbereitet, dass sie in der medizinischen Forschung eingesetzt werden können.

Bis Patienten eine Phagentherapie zur Verfügung stehen wird, ist es jedoch noch ein weiter Weg. Wenn die DSMZ geeignete Kandidaten ermittelt hat, müssen diese erst noch den langen Weg der medizinischen Zulassung durchlaufen. Zudem fehlt der rechtliche Rahmen für diese neue Art eines „lebendigen Medikaments“. „Für Betroffene, bei denen Antibiotika keine Wirkung zeigen und die dringend nach einer Alternative suchen, ist das oftmals frustrierend“, weiß Christine Rohde. Mit ihrer Arbeit an der DSMZ will sie ihren Teil zu einer Lösung beitragen.

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