Gen-Fisch in den USA zugelassen: «Super-Lachs» oder «Frankenfish»?
(dpa) Leicht gemacht hat sich die US-Lebensmittelbehörde FDA die Entscheidung nicht. Schon seit rund 20 Jahren berät sie über das Thema. Nun ist sie nach «eingehender und strenger» Prüfung zu dem Schluss gekommen: Ein genetisch veränderter Lachs, der dadurch schneller wächst und größer wird als naturbelassener Lachs, kann ohne Bedenken verzehrt werden. Er sei genauso sicher und genauso nahrhaft und müsse nicht speziell gekennzeichnet werden, teilte die Behörde am Donnerstag (Ortszeit) mit. Damit ist in den USA zum ersten Mal ein genetisch verändertes Tier als Lebensmittel zugelassen.
Während die einen die Entscheidung feiern und sich von dem neuen «Super-Lachs» Riesenumsätze erhoffen, sind Kritiker entsetzt und sprechen - in Anlehnung an das Monster Frankenstein - vom «Frankenfish». «Diese bedauernswerte historische Entscheidung ignoriert die große Mehrheit der Konsumenten, viele unabhängige Wissenschaftler, zahlreiche Kongressmitglieder und Lachszüchter auf der ganzen Welt, die sich alle scharf dagegen aussprechen», sagt Wenonah Hauter, Chef der Verbraucherorganisation Food & Water Watch, und kündigt - wie zahlreiche andere Verbraucherorganisationen - Widerstand an.
Auf der anderen Seite des Atlantiks spricht Martin Häusling, umwelt- und agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, von «verbraucher- und umweltpolitischem Irrsinn». Es müsse unbedingt verhindert werden, dass der Gen-Lachs auch auf den europäischen Markt kommen könne. Die Zulassung dürfte die Verhandlungen über das transatlantische EU-USA-Handelsabkommen TTIP, bei denen die Sorge vor dem Export von gentechnisch veränderten Lebensmitteln nach Europa seit langem einer der zentralen Streitpunkte ist, nicht einfacher machen. Und der Lachs dürfte nur der Anfang sein. Derzeit prüft die US-Lebensmittelbehörde zum Beispiel die Zulassung von genetisch veränderten Mücken, die Krankheiten bekämpfen könnten.
Der Gen-Lachs wird hergestellt von einer Firma namens AquaBounty Technologies aus dem US-Bundesstaat Massachusetts, die bereits in den 1990er Jahren die Zulassung beantragt hatte und ihren Lachs als «bahnbrechende Erfindung» feiert. Weil er in Produktionshallen - derzeit in Panama mit Eiern aus Kanada - hergestellt wird, schone das Meere und Flüsse, argumentiert die Firma. Kritiker befürchten, dass der Fisch ausreißen, dann doch in Meeren und Flüssen landen und sich dort vermehren könne. Die FDA hält das für «extrem unwahrscheinlich».
Ob der «Frankenfish» aber trotz Zulassung überhaupt jemals auf Tellern in den USA landen wird, ist noch lange nicht geklärt. Es sei noch unklar, ob Panama den Export erlauben müsse, sagte AquaBounty-Chef Ronald Stotish der «New York Times». Zudem bräuchte der Lachs noch mindestens zwei Jahre, bis er groß genug zum Verkaufen sei. In der Produktionshalle in Panama können außerdem bislang nur rund 100 Tonnen Fisch pro Jahr hergestellt werden. Das ist ein Bruchteil der mehr als 200.000 Tonnen atlantischer Seelachs, den die USA im Jahr importieren. Und selbst wenn diese 100 Tonnen in die USA kommen sollten - zahlreiche Supermärkte haben schon angekündigt, den «Frankenfish» nicht verkaufen zu wollen.
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