Der Quastenflosser lebt monogam

Forscherteam analysiert Erbgut von zwei trächtigen Weibchen

19.09.2013 - Deutschland

Zum ersten Mal ist es Wissenschaftlern gelungen, den Nachwuchs trächtiger Quastenflosser-Weibchen genetisch zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass die Brut – anders als bei vielen anderen Fischarten – mit hoher Wahrscheinlichkeit einen gemeinsamen Vater hat.

Analyse der Mikrosatelliten-DNA

Die untersuchten Quastenflosser-Weibchen standen kurz davor, ihren Nachwuchs zu gebären. 26 Embryos trug das eine Weibchen, das vor der Küste Mosambiks zufällig in ein Schleppnetz gegangen war, 23 das andere, das unbeabsichtigt von einheimischen Fischern vor Sansibar gefangen wurde. Die Wissenschaftler verglichen 14 charakteristische Stellen im Erbgut der Weibchen und ihrer Nachkommen miteinander. Dabei stießen sie auf zahlreiche Übereinstimmungen. Sie setzten auf eine Technik, wie sie auch beim Menschen zum Beispiel bei Vaterschaftsnachweisen zum Einsatz kommt: die Mikrosatelliten-Analyse. Mikrosatelliten sind kurze, aus nur wenigen Bausteinen bestehende Abschnitte der DNA, die sich typischerweise bis zu 50 Mal wiederholen können. Erbinformationen tragen sie im Allgemeinen nicht, werden aber durch beide Elternteile vererbt. „Weil wir den Genotyp der Mutter kennen, konnten wir mit Hilfe der Mikrosatelliten-Analyse eindeutig zeigen, dass der Quastenflosser-Nachwuchs jeweils nur einen einzigen Vater hat“, sagt Manfred Schartl. Demnach müssen Quastenflosser-Weibchen monogam leben – zumindest zeitweise. Das Team rekonstruierte auch den „hypothetischen Genotyp“, also die hypothetische genetische Ausstattung beider Väter.

Quastenflosser nutzen Vorteile der Mehrfachpaarung nicht

Warum sich die Weibchen jeweils nur mit einem Männchen paaren, ist unklar. Sich mit mehreren Männchen zu paaren, erhöht die Chance auf eine erfolgreiche Befruchtung, sorgt für eine hohe genetische Variabilität beim Nachwuchs und macht es möglich, dass die besten Gene weitergegeben werden. Es könnte sein, dass die Vorteile einer mehrfachen Paarung die Kosten, die das Weibchen dafür zahlen muss, nicht überwiegen: gesteigerter Energieaufwand bei der Suche nach weiteren Männchen, die Gefahr, Fressfeinden zum Opfer zu fallen, und ein erhöhtes Infektionsrisiko.

Keine Paarung mit Verwandten

Im Erbgut des Quastenflosser-Nachwuchses stießen die Forscher auf ein weiteres interessantes Detail: Vater und Mutter einer Brut waren nicht näher miteinander verwandt als die Mehrzahl von zufälligen Paaren einer Quastenflosser-Population. Das könnte bedeuten, dass die Weibchen es vermeiden, sich mit nahen Verwandten zu paaren. Oder dass andere Merkmale für die Wahl des passenden Partners ausschlaggebend sind, beispielsweise Größe und Körperbau oder die Widerstandskraft gegen Parasiten.

Drei Jahre Schwangerschaft

Bei vielen Fischarten findet die Befruchtung der Eier außerhalb des Körpers statt. Die Weibchen legen die Eier an einer ruhigen Stelle im Gewässer ab; anschließend geben die Männchen – das können auch mehrere sein – ihren Samen dazu. Der Nachwuchs wächst dann ohne elterlichen Schutz im Wasser heran. Der Quastenflosser bringt hingegen voll entwickelte junge Fische zur Welt. Laut Schätzungen der Wissenschaftler dauert die „Schwangerschaft“ etwa drei Jahre.

Quastenflosser galten als ausgestorben

Bis zum 23. Dezember 1938 waren Wissenschaftler davon überzeugt, Quastenflosser seien ausgestorben. Nur ein paar versteinerte Abdrücke zeugten von der Existenz dieser Tiere vor mehr als 300 Millionen Jahren. Da entdeckten Fischer vor der südafrikanischen Küste in ihrem Schleppnetz einen graublauen, etwa 1,50 Meter langen und 52 Kilogramm schweren Fisch: das erste Exemplar eines lebenden Quastenflossers. Inzwischen sind etwas mehr als 300 Exemplare nachgewiesen. An Gewebeproben eines kompletten Wurfs eines trächtigen Quastenflosser-Weibchens zu gelangen ist sehr schwierig. Dies machten die Mitautoren vom „GEOMAR“ in Kiel und Tutzing möglich, die seit vielen Jahren an der Lebensweise und Verbreitung der Quastenflosser forschen.

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