Komplexer als gedacht

Freiburger Neurophysiologen entschlüsseln vollständig den Aufbau des wichtigsten Neurotransmitter-Rezeptors des Gehirns

31.05.2012 - Deutschland

Die Fähigkeit des Gehirns, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und abzuspeichern ist wesentlich an die Funktion von Synapsen, den Kommunikationsstellen zwischen Nervenzellen gebunden. Die Signalübertragung an diesen Schnittstellen erfolgt über exzitatorische, das heißt erregende, sowie hemmende Neurotransmitter-Rezeptoren, deren zahlenmäßig prominentester Vertreter die Glutamat-Rezeptoren des so genannten AMPA-Typs sind. Forscherinnen und Forschern um Prof. Dr. Bernd Fakler und Dr. Uwe Schulte, Mitgliedern des Sonderforschungsbereichs 746 sowie des Exzellenzclusters BIOSS, am Physiologischen Institut der Universität Freiburg ist es nun gelungen, die Zusammensetzung und die Untereinheiten-Architektur der nativen AMPA-Rezeptoren vollständig aufzuklären, wie sie in einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Neuron zeigen.

Die Rezeptoren bestimmen nahezu die gesamte Zellphysiologie der durch den Transmitter Glutamat gesteuerten Synapsen: Sie veranlassen deren Neubildung und Stabilisierung, vermitteln die schnelle Signalübertragung, kontrollieren die Signalweiterleitung und bestimmen die aktivitätsabhängige Dynamik der Synapsen. Letzteres ist als der entscheidende Mechanismus für die Ausbildung von Gedächtnis und Lernvorgängen im menschlichen Gehirn besonders wichtig.

Trotz der herausragenden Bedeutung der AMPA-Rezeptoren für die Funktion des Gehirns, ist der derzeitige Kenntnisstand über diese integralen Membranproteine eher lückenhaft. So ist zwar ihr Aufbau aus Poren bildenden Untereinheiten sowie drei Klassen von Hilfsuntereinheiten, die zusammen die biophysikalischen Eigenschaften der Rezeptoren erklären, weitgehend bekannt, die molekularen Grundlagen der oben genannten komplexen Zellphysiologie der AMPA-Rezeptoren sind allerdings völlig ungeklärt.

Mithilfe neuartiger proteomanalytischer Methoden konnten die Forscher nachweisen, dass AMPA-Rezeptoren aus einem Pool von 34 Proteinen zusammengebaut werden. Erstaunlicherweise sind die überwiegende Mehrheit der 21 neu identifizierten Untereinheiten Proteine, über deren Funktion entweder wenig bekannt ist, oder die bislang noch nie mit diesem wichtigsten exzitatorischen Neurotransmitter-Rezeptor in Verbindung gebracht wurden. Die Arbeiten der Freiburger Forscher wird es nun ermöglichen, die molekularen Grundlagen und Mechanismen zu analysieren, die der fundamentalen Bedeutung der AMPA-Rezeptoren im Gehirn zugrunde liegen.

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