Teure Krebsforschung hält Merck auf dem Teppich

21.05.2015 - Deutschland

(dpa-AFX) Der Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck lässt sich die Entwicklung neuer Krebsmittel viel Geld kosten und muss dafür vorerst auf einen satteren Gewinnzuwachs verzichten. Doch in Krebsmedikamenten sieht der Konzern große Chancen, wegbrechende Umsätze bei älteren Arzneien aufzufangen. Dafür will das Unternehmen in die Nische. Für Merck seien deshalb vor allem Märkte interessant, in denen es noch keinen "allzu blutigen Wettbewerb" zwischen den großen Herstellern neuer Krebsmittel gebe, sagte Finanzchef Marcus Kuhnert am Dienstag zur Zwischenbilanz für das erste Quartal. Finanziell erfolgversprechend seien für Merck vor allem Medikamente gegen Krebs in Magen, Nieren, Blase, Lunge und Eierstöcken.

In der Krebsforschung arbeitet der Konzern seit dem vergangenen Jahr mit dem US-Konkurrenten Pfizer zusammen. Gemeinsam wollen sie ein Mittel auf den Markt bringen, das eine neue Generation von Antikörpern enthält. Sie sollen dem Immunsystem helfen, sich selbst gegen Krebs zu wehren. Bis zur Marktreife dürften allerdings noch Jahre vergehen. Insgesamt kletterten die Forschungs- und Entwicklungskosten bei Merck im ersten Quartal um knapp ein Sechstel im Jahresvergleich. Doch das Geld soll wieder reinkommen: In der sogenannten Immunonkologie sehen derzeit zahlreiche Pharmakonzerne große Chancen für hohe Erträge.

Umsätze mit wichtigen Medikamenten gesunken

Merck wird die Einnahmen mit neuen Mitteln in Zukunft brauchen. Zu Jahresbeginn belasteten vor allem schrumpfende Umsätze mit dem Medikament Rebif das Pharmageschäft. Merck hat bei dem Mittel gegen die Nervenkrankheit Multiple Sklerose (MS) mehr Konkurrenz bekommen. Momentan ist Rebif vor dem Krebsmittel Erbitux noch das umsatzstärkste Medikament bei Merck. Auch bei Erbitux sinkt aber der Umsatz.

Trotz der Schwierigkeiten im Pharmageschäft stieg der Umsatz im ersten Quartal - getrieben vom starken Dollar - um knapp 16 Prozent im Jahresvergleich auf 3,04 Milliarden Euro. In Lateinamerika wuchs der Umsatz aus eigener Kraft am stärksten. Auch in Asien liefen die Geschäfte besser - im Vergleich zum vergangenen Jahr schwächte sich das Tempo hier aber ab, sagte Kuhnert.

Aktie am Dax-Ende

Der Gewinn im laufenden Geschäft konnte mit dem Umsatzplus nicht mithalten: Das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) wuchs lediglich um knapp 6 Prozent auf 853 Millionen Euro. Analysten hatten mit etwas mehr gerechnet. Die Aktie lag am Dienstagmittag mit einem Minus von zwei Prozent klar am Ende des Dax, obwohl Merck mit seinen bestätigten Jahreszielen im Rahmen der Erwartungen lag.

Neben dem Pharmageschäft verdient Merck auch Geld mit Flüssigkristallen und anderen Materialien, die man bei der Herstellung von Flachbildschirmen und Handy-Displays braucht. Nach dem Kauf des britischen Spezialchemieherstellers AZ im vergangenen Jahr legte der Umsatz hier um mehr als die Hälfte auf 617 Millionen Euro zu. Das um Sondereinflüsse bereinigte operative Ergebnis kletterte nur etwas schwächer auf 277 Millionen Euro. Merck profitiert hier aber - mit einem Großteil der Produktion in Deutschland - vom schwachen Euro.

Weitere Übernahme voraus

In der Chemiesparte liegt der letzte Zukauf gerade hinter dem Konzern, in der Pharmasparte steht bereits der nächste bevor - diesmal ein noch dickerer Brocken. Mit dem geplanten 17 Milliarden US-Dollar schweren Kauf des Laborausrüsters Sigma Aldrich steht Merck vor der größten Übernahme seiner Unternehmensgeschichte. Die Vorbereitungen dafür drücken allerdings auf den Gewinn: Unterm Strich schrumpfte das Ergebnis auch wegen Finanzierungskosten für den Kauf um mehr als 13 Prozent auf 282 Millionen Euro. Die EU-Wettbewerbsaufsicht habe zwar noch "limitierte Bedenken" wegen des Kaufs, sagte Finanzchef Kuhnert. Der Deal soll dennoch wie geplant Mitte 2015 über die Bühne gehen.

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