Live-Bilder von den Vorgängen im Immunsystem
Tübinger Forscher entwickeln ein verbessertes Verfahren zur Markierung von T-Zellen
Um genauer zu verstehen, was bei den Immunreaktionen im Körper passiert, haben Tübinger Wissenschaftler ein neues Verfahren für die Markierung von T-Zellen an Mäusen entwickelt, das besonders aufschlussreiche Bilder im Positronenemissionstomografen (PET) ermöglicht. So können sie nicht-invasiv in der lebenden Maus die Wanderung der T-Zellen zeitlich und räumlich verfolgen. Die Wissenschaftler vom Werner Siemens Imaging Center der Universität Tübingen unter der Leitung von Professor Bernd Pichler haben dabei mit Kollegen von den Abteilungen für Dermatologie, Pathologie und Immunologie des Universitätsklinikums Tübingen sowie dem Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung zusammengearbeitet. Das neue Verfahren stellen sie in dem wissenschaftlichen Journal PNAS vor.
Bei bisherigen Methoden zur Sichtbarmachung der Wanderung der T-Zellen im Körper schränkten die angebrachten Markierungen die Zellfunktionen stark ein oder beschädigten die Zelle sogar. In ihrer neuen Studie haben die Forscher gezielt die Rezeptoren in der Außenmembran der T-Zelle mit einem Antikörper markiert, an den eine schwach radioaktive Komponente gebunden war. Die radioaktive Strahlung bildet die Grundlage für die spätere Messung im PET. Die Forscher machten sich zunutze, dass die T-Zelle die Rezeptoren ihrer Außenmembran ständig recycelt und dabei den ganzen Komplex aus Rezeptor und Marker in ihr Inneres transportiert. „Dieser T-Zell-Rezeptor steht für die Bindung an das spezifische Antigen nicht mehr zur Verfügung. Doch diese spezifischen Rezeptoren werden zügig nachgeliefert, sodass die Immunreaktion kaum beeinträchtigt wird“, erklärt Dr. Christoph Grießinger vom Werner Siemens Imaging Center, der Erstautor der Studie. Rund 48 Stunden haben die Forscher Zeit für Messungen im PET, danach ist das radioaktive Material weitgehend zerfallen und strahlt zu schwach. „In dieser Zeit blieb der Marker stabil in der T-Zelle“, sagt der Projektleiter Dr. Manfred Kneilling. Zudem waren die T-Zellen trotz Markierung kaum in ihren Funktionen eingeschränkt, und die PET lieferte kontrastreiche Bilder. Die Forscher konnten live verfolgen, wie T-Zellen gezielt in das entzündete Gewebe einwandern. Mit Hilfe von vergleichenden Kontrollversuchen, bei denen die Forscher auch sehr ähnliche, aber nicht zur spezifischen T-Zelle passende Antigene zur Induktion der Entzündung einsetzten, konnten sie beweisen, dass die T-Zellen ganz spezifisch nur in das entzündliche Gewebe, welches das passende Antigen präsentiert, einwandern.
„Das Verfahren lässt sich auch auf andere Zelltypen des Immunsystems übertragen, überall dort, wo die Rezeptoren auf den Membranen häufig erneuert werden“, sagt Grießinger. Und auch die Übertragung der Methode von der Maus auf den Menschen ist bereits in der Planung. Denn die bildgebenden Verfahren gewinnen im Bereich der zellulären Immuntherapie und Stammzelltransplantationen nach Einschätzung der Forscher immer mehr an Bedeutung. Sie können zum Beispiel in neuartigen Krebstherapien angewendet werden, bei denen das Immunsystem der Patienten gezielt zur Beseitigung von Tumorzellen eingesetzt wird. „Wir könnten die therapeutisch eingesetzten Immunzellen wie zum Beispiel T-Zellen markieren und im PET verfolgen, ob sie wie geplant zu den Tumoren wandern“, beschreibt Kneilling die Überlegungen.