Architektur einer Lipidschleuse entschlüsselt

17.11.2014 - Schweiz

Erstmals wird die komplexe Architektur eines Proteins beschrieben, das den Transport von Lipiden zwischen den beiden Schichten einer Zellmembran steuert. Aufgrund der Struktur des Lipid-Transporters erhalten nun Biochemiker der Universität Zürich Einblick in Prozesse, welche die Blutgerinnung auslösen.

Janine Brunner

Modell der TMEM16 Lipid-Skramblase in einer Membran. Die Darstellung links zeigt die Oberfläche des Proteins mit Blick auf die Furche, die den Lipidtransport durch die Membran erlaubt. Die Darstellung rechts zeigt ein Bändermodell des Membranproteins, in dem die gebundenen Kalziumionen (violett) sichtbar sind.

Membranen sind dünne Wände, welche die Zellen umschliessen und das Zellinnere von der äusseren Umgebung abschirmen. Die Wände bestehen aus Phospholipid-Doppelschichten, die aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung unterschiedliche Eigenschaften aufweisen: Während die gegen aussen gerichteten Kopfgruppen der Lipide geladen sind, ist das Innere der Membran wasserunlöslich, was verhindert, dass geladene Moleküle die Membran passieren können. Für den kontrollierten Fluss von Ionen durch die Membran, der für die Nervenreizleitung grundlegend ist, sorgen Ionenkanäle. Das sind spezialisierte Proteine, die sich in der Membran befinden und als Schleusen agieren. Im Gegensatz zu Ionenkanälen schleusen Lipid-Skramblasen die geladenen Kopfgruppen der Phospholipide durch die Membran; Der Tansport des Lipids Phosphatidylserin an die Zelloberfläche spielt zum Beispiel bei der Blutgerinnung eine wichtige Rolle. Die Architektur dieser Lipid-Skramblasen war bisher unbekannt.

Nun ist es Forschern am Biochemischen Institut der Universität Zürich gelungen, erstmals die Struktur einer Lipid-Skramblase zu entschlüsseln. Ein Team der Arbeitsgruppe von Prof. Raimund Dutzler hat die Struktur einer Lipid-Skramblase der so genannten TMEM16-Familie mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse aufgeklärt. Die Struktur gibt Einblick in die Aktivierung des Proteins durch Kalzium und in den Lipidtransport. Die Arbeit wurde jetzt im Wissenschaftsjournal «Nature» veröffentlicht.

Die Architektur einer neuen Membranproteinfamilie

Die Besonderheit der Membranproteine der TMEM16-Familie ist es, dass sie neben Ionenkanälen, die für die Regulation der Kontraktion der glatten Muskulatur, die Geruchswahrnehmung sowie die Chloridsekretion im Lungengewebe essentiell sind, auch Proteine enthalten, die als Lipid-Skramblasen funktionieren. Diese in Blutplättchen vorkommenden Lipid-Skramblasen lösen nach einer Aktivierung durch Kalzium die Blutgerinnung aus, indem sie den Transport des Lipids Phosphatidylserin an die Oberfläche der Zelle ermöglichen. Um diesen Transportprozess zu verstehen, haben die Forschenden Struktur und Funktion einer Lipid-Skramblase aus einem Pilz studiert. Sie haben eine bisher unbekannte Proteinarchitektur entdeckt, die der ganzen Familie zugrunde liegt und einen ersten Einblick in den Lipidtransport ermöglicht.

«Die Struktur des Proteins zeigt eine Furche mit geladener Oberfläche, welche die Membran in Form einer Wendeltreppe durchspannt. Dies erlaubt es den polaren Kopfgruppen von Lipiden von der einen Seite der Membran zur anderen zu wandern», erklärt Erstautorin Janine Brunner. In der Nähe dieser Furche befinden sich gebundene Kalzium-Ionen, umgeben von konservierten negativ geladenen Seitenketten. Mutationen in der Bindungsstelle beeinträchtigen den Lipid-Transport. Um zu zeigen, dass diese Kalzium-Bindungsstelle und damit der Aktivierungsmechanismus auch in den verwandten Chlorid-Kanälen der TMEM16-Famile vorhanden ist, wurde die Kalzium-Abhängigkeit der Kanalöffnung mit Hilfe elektrophysiologischer Methoden nachgewiesen.

Grundlagen für neue Therapien

Die Resultate legen die Basis für das Verständnis bisher unbekannter Mechanismen des Lipidtransports. «Wir erhalten nun Einblick in die Architektur und Funktion einer Familie von Proteinen, deren Fehlfunktion die Ursache für verschiedene Erbkrankheiten ist», sagt die Biochemikerin der UZH. Eine geeignete Beeinflussung dieser Proteine durch spezifische Medikamente könne neue Therapieformen ermöglichen ­– beispielsweise gegen das Scott-Syndrom, dem eine Blutgerinnungsstörung zugrunde liegt, oder gegen eine Muskelkrankheit, die mit der Fehlfunktion dieser Proteine assoziiert werde.

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