Wie Krankheitserreger mit dem Immunsystem wettrüsten

Freiburger Mikrobiologen entdecken einen neuen Angriffspunkt zur Entwicklung antibakterieller Medikamente

26.03.2014 - Deutschland

Makrophagen gehören zu den Fresszellen des Immunsystems und beseitigen Krankheitserreger, die in den menschlichen Körper eingedrungen sind. Dazu nehmen die Makrophagen die Eindringlinge in ihr Inneres auf, um sie mit verschiedenen antibakteriellen Substanzen zu vernichten. Die Fresszellen produzieren unter anderem die so genannte Itaconsäure: Sie hemmt den Stoffwechsel der Bakterien und verhindert, dass diese im Wirt überleben. Doch die Bakterien haben aufgerüstet: Mikrobiologinnen und Mikrobiologen der Arbeitsgruppe um Dr. Ivan Berg vom Institut für Biologie II der Universität Freiburg haben gezeigt, dass viele Krankheitserreger Gene für den Abbau von Itaconsäure besitzen. Zudem fanden sie heraus, dass der Abbau der Säure für die Erreger nicht nur eine Entgiftung ist: Sie nutzen die Itaconsäure auch als Kohlenstoff- und Energiequelle für ihr Wachstum. Die Forschungsergebnisse wurden online in der Fachzeitschrift „Nature Chemical Biology“ veröffentlicht.

Jahminy Sasikaran

Der Itaconsäureabbauweg ermöglicht es Krankheitserregern (rot), innerhalb eines Phagolysosoms im Makrophagen (blau) zu überleben.

Für die Vermehrung in Makrophagen benötigen Bakterien Nährstoffe, wobei sie hauptsächlich auf die Fettsäuren ihrer Wirtszellen zurückgreifen müssen. Die Produktion der Itaconsäure durch Makrophagen ist speziell gegen den Fettsäure-Stoffwechsel der Erreger gerichtet: Die Itaconsäure hemmt den wichtigsten Schritt in diesem Stoffwechselweg, der eine zentrale Bedeutung für den Aufbau von Zellbausteinen und Vitaminen hat. Das hindert die Bakterien am Wachstum. Der Weg, den die Freiburger Forscherinnen und Forscher entdeckt haben, ermöglicht es einigen Erregern, dennoch zu überleben und den vermeintlichen Hemmstoff als Nahrungsquelle zu nutzen. Zu diesen gehören der Pesterreger Yersinia pestis und der Darminfektionserreger Salmonella Typhimurium.

Die Gene für den Itaconsäureabbau finden sich in vielen Pathogenen, also krankheitserregenden Bakterien. Aber auch in vielen nichtpathogenen Mikroben sind sie vorhanden. Dies deutet darauf hin, dass die Säure für viele Bakterien eine wichtige Kohlenstoffquelle ist. Das Gen für das Schlüsselenzym des Abbauweges ist auch bei Menschen und anderen Säugertieren zu finden. Das entsprechende menschliche Enzym dient vermutlich zur Entgiftung und Wiederverwertung der produzierten Itaconsäure.

Die Arbeit der Freiburger Forscher zeigt ein Beispiel für das Wettrüsten zwischen Wirt und Krankheitserregern: Sobald der Wirt antimikrobielle Verbindungen gegen Krankheitserreger entwickelt, versuchen die Bakterien diesen Verbindungen ihre Wirksamkeit zu nehmen und sie sogar zu ihrem Nutzen zu verwenden. Die Freiburger Mikrobiologen vermuten, dass der Abbauweg von Itaconsäure als zukünftiger Angriffspunkt für die Entwicklung neuer Medikamente dienen könnte.

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