Ein schnelles Ende für mRNA

Neuer Prozess erstmals entdeckt und beobachtet

17.12.2024

Forschende der Universität Würzburg haben einen Prozess entdeckt, der mRNA-Moleküle im menschlichen Körper besonders effizient abbaut. Etwa für die Behandlung von Krebs könnte das von Nutzen sein.

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Symbolbild

Sie sind so etwas wie die Architekten unseres Körpers: Messenger-Ribonukleinsäuren, kurz mRNA. In ihrem Inneren enthalten sie detaillierte Baupläne für Proteine, die von ihren „Kollegen“, den Ribosomen, gelesen und umgesetzt werden. Ohne die Proteine in unseren Körpern könnten wir Menschen nicht überleben – sie steuern unsere Zellteilung, sorgen für ein starkes Immunsystem und machen unsere Zellen widerstandsfähig gegen Angriffe von außen.

Wie im „echten Bauwesen“ sind auch auf Zellebene bei bestimmten Bauplänen zusätzliche Arbeitsanweisungen erforderlich – zum Beispiel, weil ein Protein besonders schnell hergestellt werden muss oder weil der Bauplan fehlerhaft ist. In unserem Inneren übernehmen diese Rolle sogenannte RNA-Modifikationen, kleine chemische Veränderungen, ähnlich ergänzenden Kommentaren, die sich an einzelne Bestandteile der mRNA anheften.

Neuer Abbauprozess für mRNA aufgedeckt

Mit einer speziellen Modifikation, dem N6-Methyladenosin (kurz m6A), haben sich jetzt Forschende der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) beschäftigt. „Interessant für die Wissenschaft ist m6A deshalb, weil diese Modifikation häufig bei Menschen verändert ist, die unter Stoffwechselstörungen, Krebs oder Herzerkrankungen leiden“, erklärt Bioinformatikerin Kathi Zarnack. „Seine Funktion: Wenn m6A an eine mRNA geheftet ist, löst dies den Abbau der mRNA aus, sobald die ersten Proteine nach dem enthaltenen Bauplan hergestellt wurden. Das ist besonders wichtig für Proteine, von denen keinesfalls zu viele hergestellt werden dürfen, weil dies schädlich für die Zelle wäre.“ Diesen Abbauprozess haben die Würzburger Forschenden nun weltweit als erste entdeckt und beobachtet: Er koppelt den Abbau einer mRNA direkt an die produzierten Proteine und geht deutlich schneller und effizienter vonstatten als bisher bekannte Mechanismen zum Abbau von mRNA.

Entscheidend ist, dass dieser besondere Abbauweg nur dann funktioniert, wenn m6A in bestimmten Regionen der mRNA sitzt. „Kommentiert“ werden von m6A vor allem die Baupläne für Proteine, die an der Ausdifferenzierung von Zellen beteiligt sind – die also festlegen, ob eine Zelle als Nervenzelle, Muskelzelle, Hautzelle oder einer anderen Form existieren wird.

Medikamente, die die Anheftung von m6A an mRNA steuern, könnten sich diesen Prozess zunutze machen. Indem sie m6A gezielt unterdrücken, ließen sich verstärkt Proteine mit erwünschten Funktionen produzieren – und umgekehrt die Produktion unerwünschter Proteine hemmen. Das Problem: Bislang waren die Effekte solcher Medikamente für die Wissenschaft nur schwer vorhersagbar, weil unbekannt war, in welchen Regionen der mRNA die m6A-Modifikation sitzen muss, um den Abbau auszulösen. „Mit unserer Studie tragen wir nun zu einem besseren Verständnis und einer genaueren Vorhersage bei, welche mRNA besonders auf diese Wirkstoffe reagieren“, so Biochemiker und RNA-Biologe Julian König, Zarnacks Kollege.

Nächste Schritte in der Forschung

Künftig wollen die Forschenden noch detaillierter untersuchen, wie der Abbau von mit m6A gekennzeichneter mRNA vonstattengeht, zum Beispiel woran genau Ribosomen die Modifikation erkennen. Zusätzlich soll es darum gehen, wie sich der gezielte mRNA-Abbau durch m6A klinisch nutzbar machen lässt.

Beteiligt an der Studie waren neben den Würzburger Forschenden das Institut für Molekulare Biologie (IMB) Mainz und die Goethe Universität Frankfurt. Das Projekt wird im Rahmen des Sonderforschungsbereichs TRR 319 „RMaP: RNA Modifikation und Prozessierung“ durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert.

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