Wirkstoff zur Behandlung von Fettleibigkeit und Folgeerkrankungen entwickelt

24.03.2017 - Österreich

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind rund 1,9 Milliarden Menschen weltweit übergewichtig. 75 Prozent von ihnen leiden unter einer nicht-alkoholischen Fettleber, 400 Millionen haben Typ-II-Diabetes. Neben den psychosozialen Auswirkungen von Fettleibigkeit führen vor allem deren Folgeerkrankungen zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität und -dauer. Wissenschafter der Karl-Franzens-Universität Graz und der TU Graz haben nun einen Wirkstoff entwickelt, der Fettleibigkeit reduziert und Typ-II-Diabetes sowie nicht-alkoholische Fettleber verhindern kann. Die Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppen von Univ.-Prof. Dr. Rudolf Zechner, Assoz.-Prof. Dr. Robert Zimmermann, beide Uni Graz, und Univ.-Prof. Dr. Rolf Breinbauer von der TU Graz wurden im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.

Einer der Hauptgründe für die Entstehung von stoffwechselbedingten Erkrankungen, die mit Adipositas in Verbindung gebracht werden, ist ein erhöhter Fettsäurespiegel im Blut. Diese Lipide werden durch die Aktivität eines Enzyms namens Adipose Triglyceride Lipase, kurz ATGL, aus dem gespeicherten Fett des Fettgewebes freigesetzt. „Bei Übergewicht verhindern übermäßig ins Blut freigesetzte Fettsäuren die Aufnahme von Glucose in den Muskel und ins Fettgewebe. Es entsteht eine sogenannte Insulinresistenz, einer Vorstufe von Typ-II-Diabetes“, erklärt Priv. Doz. Dr. Martina Schweiger, Erst- und korrespondierende Autorin der Publikation. Außerdem kommt es zum erhöhten Einstrom von Fettsäuren in Gewebe, dessen primäre Funktion nicht die Speicherung von Lipiden darstellt – etwa in die Leber. Durch die Anhäufung von Triglyzeriden in diesem Organ wird seine Funktion gestört, die Konsequenz ist eine nicht-alkoholische Fettleber.

Sohsuke Yamada

Die Behandlung mit Atglistatin reduziert Fettmasse und verhindert nicht-alkoholische Fettleber trotz fettreicher Ernährung. Auf dem Bild dargestellt sind Gewebeschnitte von Leber (links) und Fettgewebe (rechts). Zu sehen sind Fetteinlagerungen (weiße Flächen) die durch Atglistatingabe (unten) deutlich reduziert werden.

„Da die ATGL die Menge an freigesetzten Fettsäuren ins Blut bestimmt, haben wir uns vorgenommen, dieses Enzym zu inhibieren, um die metabolischen Folgen von Übergewicht zu behandeln“, so Schweiger. Bereits 2013 gelang es den Arbeitsgruppen von Zimmermann und Breinbauer, ein Molekül mit dem Namen Atglistatin zu synthetisieren, das die Aktivität der ATGL unterbindet. In ihrer neuen Studie charakterisierten die ForscherInnen jetzt die Wirkung dieses Hemmstoffes Atglistatin im Tiermodell. „Durch das Ausschalten der ATGL konnten wir die Insulinresistenz und die Entstehung der nicht-alkoholischen Fettleber vollständig verhindern. Außerdem kam es zu einer Gewichtsreduktion trotz fettreicher Nahrung“, schildert Schweiger. Entscheidend war die Erkenntnis, dass ATGL nicht komplett unterbunden werden darf. „Hemmt man ATGL vollständig, führt das zwar ebenso zu einer Verbesserung der Adipositas und der Insulinresistenz, jedoch kommt es zu einer Verfettung des Herzens, die tödlich enden kann“, unterstreicht die Forscherin. Eine vorübergehende Hemmung hat jedoch keinerlei schädliche Nebenwirkungen. „Durch Aufnahme des Wirkstoffes Atglistatin ist das Enzym für sechs Stunden abgestellt. Nach dieser Zeit baut der Körper den Hemmstoff auf natürlichem Weg ab. Danach nimmt ATGL seine Arbeit wieder auf“, erklärt Schweiger.

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