Forscher finden weiteren genetischen Risikofaktor für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
Molekül zur Regulation von Autoimmunität und Bekämpfung von Krebszellen auch an der Entstehung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen beteiligt
Yu-Hwa Huang, Harvard Medical School
Die Wissenschaftler wiesen die Interaktion von zwei Proteinen, TIM-3 und CEACAM1, auf der Oberfläche von aktivierten T-Zellen nach. Diese Interaktion spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation von Autoimmunität und der Bekämpfung von Krebszellen durch das Immunsystem. Im Modell konnte gezeigt werden, dass eine Störung dieses Mechanismus außerdem zu starken Entzündungsreaktionen im Darm führt. Am IKMB in Kiel untersuchten Dr. Britt-Sabina Petersen und Professor Andre Franke genetische Varianten in TIM-3 in Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und gesunden Individuen. Insbesondere eine Variante wurde dabei verstärkt bei CED-Patienten entdeckt. Das weist auf eine Rolle dieses Proteins auch bei der Entstehung von CED hin.
In Deutschland sind aktuell etwa 320.000 Menschen von einer CED betroffen, die beiden häufigsten Formen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Der Krankheitsverlauf ist unterschiedlich schwer und verläuft oft in Schüben. Er umfasst hauptsächlich Darmbeschwerden, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können. Die Ursachen für diese Erkrankungen sind bisher nicht vollständig entschlüsselt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten eine Kombination aus genetischen Faktoren, der individuellen Zusammensetzung der Darmflora, Infektionen sowie dem Ernährungsverhalten. Dem Kieler Forschungsteam ist es gelungen, mit Hilfe von genetischen Analysen dem Verständnis, warum Menschen an einer CED erkranken, einen Schritt näher zu kommen. „Im Zusammenhang mit einer CED erkranken Menschen auch häufiger an einem Tumor im Darm“, so Petersen vom Exzellenzcluster „Entzündungsforschung“, Co-Autorin der aktuellen Studie. „In dieser Studie konnten wir einen Zusammenhang zwischen Defekten, die zu Krebs führen, und der Entstehung von CED zeigen.“
Mit den neu gewonnen Erkenntnissen will das Kieler Forschungsteam das Verständnis, warum manche Menschen eine CED entwickeln und andere nicht, weiter ergänzen. Gerade weil diese Erkrankungen vermutlich durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden, ist es komplex, sie zu erforschen. Petersen plant schon die nächsten Analysen: „Wir arbeiten weiter an der Identifikation seltener genetischer Risikovarianten. Derzeit untersuchen wir insbesondere Kinder mit einer CED sowie Familien, in denen mehrere Individuen erkrankt sind, da wir hier eine starke genetische Komponente bei der Entstehung der Erkrankung vermuten. Damit tragen wir dazu bei, die Genetik um komplexe Erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa zu entschlüsseln.“