„Molekularer Schalter“ bei Parkinson-Protein entdeckt
Parkinson ist nach Alzheimer die häufigste neurodegenerative Krankheit; Schätzungen gehen von rund sieben Millionen Erkrankten weltweit aus. Ein Teil der Erkrankungen ist erblich bedingt und wird durch Mutationen bestimmter Gene hervorgerufen. Diese sogenannte familiäre Parkinson-Variante tritt in verschieden Volksgruppen unterschiedlich häufig auf; bestimmte Mutationen sind insbesondere in Italien und Spanien verbreitet. Mutationen eines Proteins namens LRRK2 gelten als häufigste Ursache für vererbbares Parkinson.
Eine Forschungsgruppe mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Kassel hat nun einen „molekularen Schalter“ entdeckt, der die Aktivität dieses Proteins steuert. „Unsere Ergebnisse können Wege zur Entwicklung von Medikamenten aufzeigen, die dieses Protein in seiner Aktivität regulieren und so neue Ansätze zur Behandlung der vererbbaren Parkinson-Erkrankung bieten“, erklärt Prof. Dr. Friedrich W. Herberg, Leiter des Fachgebiets Biochemie an der Universität Kassel. „Möglicherweise kann man aus den Ergebnissen aber auch Ansätze für die Behandlung anderer Parkinson-Varianten ableiten.“
Das Protein LRRK2 wird auch „Dardarin“ genannt, vom baskischen „dardara“ für „zittern“. In der menschlichen Zelle hat es eine Vermittlerfunktion, weil es andere Proteine mit Phosphaten beliefert. Eine besondere, bislang weitgehend unklare Rolle kommt dem Dardarin in bestimmten Zellen des Mittelhirns zu, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Bei Parkinson-Kranken sterben diese Zellen im Mittelhirn; der daraus resultierende Dopamin-Mangel führt dann zu den bekannten Symptomen wie Muskelzittern, oder auch zu Depressionen und dem Verlust des Geruchssinns.
Die Kasseler Forscher haben einzelne Bereiche des Enzyms Dardarin genau untersucht. „Proteine bestehen aus Bausteinen, den Aminosäuren. Wir haben festgestellt, dass in Dardarin-Mutationen, die für vererbbares Parkinson verantwortlich gemacht werden, die Phosphatversorgung in einem Bereich um die Aminosäure 1441 gestört ist“, beschreibt Dipl. Biol. Kathrin Muda, eine der Autoren einer Studie, die jetzt im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Science“ erschienen ist. „Vor allem aber haben wir herausgefunden: Ein weiteres, sogenanntes 14-3-3-Protein kann im Bereich 1441 binden und damit Einfluss auf die Aktivität von Dardarin nehmen. In der mutierten Variante ist die Bindung an das Dardarin gestört und die Aktivität von Dardarin nicht mehr korrekt reguliert.“ Wie dieses zum Absterben der Zellen im Mittelhirn führt, ist bisher nicht bekannt. „Wenn man für die mutierte Variante des Dardarin einen Weg findet, die Bindung mit 14-3-3 durch einen anderen Mechanismus mit der gleichen Wirkung zu ersetzen, sind wir der Entwicklung von Medikamenten einen großen Schritt nähergekommen“, erklärt Muda.
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universitäten Tübingen, des Helmholtz-Zentrums München und des Krebsforschungszentrums Heidelberg nutzten die Kasseler Forscher für ihre Untersuchung die sogenannte Massenspektrometrie, eigentlich ein Verfahren zum Wiegen von Atomen und Molekülen. Indem sie das Gewicht von normalen und mutierten LRRK2-Proteinteilstücken verglichen, konnten sie Rückschlüsse auf die Phosphatversorgung ziehen.
Die Arbeitsgruppe der Universität Kassel legt einen ihrer Schwerpunkte auf die Erforschung der Proteinkinase A (PKA), eines Enzyms, das als Vermittler an vielen Abläufen in menschlichen Zellen beteiligt ist, so auch mit der Phosphatversorgung von LRRK2. Neben Herberg und Muda waren die Kasseler Wissenschaftlerinnen Dr. Daniela Bertinetti und Dipl. Biol. Jennifer Sarah Hermann sowie Dr. Frank Gesellchen aus Glasgow beteiligt.
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