Forschung mit Tunnelblick

3D-Bilder zeigen Integration von Proteinen in die Zellmembran

19.04.2011 - Deutschland

Jede Zelle ist umgeben und durchzogen von Membranen, in die zahlreiche Proteine eingebettet sind. Ein internationales Team um Dr. Jens Frauenfeld und Professor Roland Beckmann vom Genzentrum und Department für Biochemie der LMU München und dem Exzellenzcluster „Center for Integrated Protein Science Munich“ (CiPSM) stellt nun eine neue Methode vor, mit deren Hilfe der Einbau eines solchen Proteins in die Membran erstmals unter natürlichen Bedingungen untersucht werden konnte. Die Integration beginnt bereits während der Proteinsynthese am Ribosom: Diese zelluläre Proteinfabrik setzt sich auf einen die Membran durchspannenden Transportkanal und führt das neu entstehende Protein in ihn ein. Über eine seitliche Öffnung entlässt der Kanal das Protein dann in die Membran, wie die Forscher in hoch aufgelösten 3D-Bildern erstmals zeigen konnten. Die neue Methode birgt großes Potenzial: Membranproteinintegration und therapeutisch aktive molekulare Inhibitoren, die den Proteintransport blockieren, könnten im Detail verstanden und gegebenenfalls optimiert werden, wenn ihr Wirkmechanismus hoch aufgelöst und in 3D abgebildet werden kann.

Fast ein Drittel aller zellulären Proteine werden sekretiert oder als „integrale Membranproteine“ in Zellmembranen eingebaut. Diese Zellmembranen bestehen allerdings aus einer Lipid-Doppelschicht, die von geladenen Molekülen wie Proteinen kaum direkt zu durchdringen sind. Für die Integration dieser Moleküle in die Zellmembran nutzt die Zelle deshalb molekulare Tore, die sich öffnen können. Diese Translokons befinden sich in Transportkanälen, die die Membran durchdringen und auch für den Im- und Export von Proteinen genutzt werden. „Je nachdem welche Signalsequenz ein Protein trägt, entscheidet sich, welchen Weg es nimmt“, erklärt Beckmann.

Bislang konnten diese Prozesse nicht direkt in der Zellmembran untersucht werden. „Das ist so problematisch, weil viele Membranproteine in ihrer Funktion auf eine Lipid-Doppelschicht als Umgebung angewiesen sind“, betont Frauenfeld. Im Team mit internationalen Kollegen entwickelten er und Beckmann nun eine Methode, die den Einbau von Membranproteinen unter natürlichen Bedingungen strukturell untersuchen lässt. Der Schlüssel zum Erfolg waren sogenannte Nanodiscs. Das sind kleine Scheibchen aus einer Lipid-Doppelschicht, die von einem ringförmigen Protein zusammengehalten werden.

In die Nanodiscs bauten die Forscher einen universellen Protein-Transportkanal ein, auf dem ein Ribosom saß und ein neu entstehendes Protein einfädelte. „Wir konnten mittels dreidimensionaler Kryo-Elektronenmikroskopie eine Nanodisc im Bild festhalten und das Protein in der Membran hoch aufgelöst erkennen – was an sich schon ein großer Erfolg ist“, so Frauenfeld. „In der 3D-Rekonstruktion gelang uns dann aber auch noch ein Schnappschuss, der das Protein im Tor beim Übergang in die Membran zeigt.“ Zudem konnten die Wissenschaftler erstmals eine Interaktion zwischen Ribosom und Lipiden nachweisen, die den Einbau der Proteine in die Membran unter geringem Energieaufwand erlaubt.

Der Transport von Proteinen durch Membranen hindurch spielt unter anderem bei der Entstehung von Entzündungen und auch bei Krebs eine Rolle. Schon jetzt werden molekulare Inhibitoren zur Hemmung des Proteintransports in und durch Membranen eingesetzt. Wirkstoffe wie das synthetische Peptid Cotransin blockieren dabei auch den Transportkanal. Frauenfeld und Beckmann sehen deshalb auch therapeutisches Potenzial in ihrer Methode: Durch eine verbesserte 3D-Darstellung der Transportvorgänge in einer natürlichen Membran könnte der Wirkmechanismus dieser Inhibitoren genauer untersucht und optimiert werden. Dies könnte die Suche nach neuen Therapieansätzen erleichtern, so die Hoffnung der Forscher.

Die Untersuchung entstand im Rahmen des Exzellenzclusters Center for Integrated Protein Science Munich (CIPSM) sowie der SFB 594 (Molecular Machines) und 646 (Regulatory Networks in Gene Expression and Maintenance). Jens Frauenfeld erhielt für dieses Projekt von der zum Pharmakonzern Roche gehörenden ROMIUS-Stiftung den mit 1.000 Euro dotierten Preis für Wissenschaft und Forschung.

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