Meilenstein in der Leukämieforschung

08.02.2011 - Deutschland

Wichtiger Meilenstein in der Behandlung der akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL), der häufigsten Krebserkrankung bei Kindern und Jugendlichen. Einem internationalen Forscherteam unter Leitung einer Arbeitsgruppe der Klinik- für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Ulm ist es gelungen, die charakteristischen genetischen Muster zu entschlüsseln, die bei sehr vielen Patienten zu einem Wiederauftreten (Rezidiv) der lebensbedrohlichen Erkrankung führen.

„Insbesondere der frühe Rückfall innerhalb der ersten zwei Jahre nach Diagnosestellung, zum Teil noch während der Therapie, ist mit einer schlechten Prognose verbunden. Daher ist es notwendig, diese Hochrisikogruppe zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Unsere Forschungsergebnisse bieten dafür eine sehr gute Grundlage“, sagt Dr. Lüder Meyer, Funktionsoberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin sowie Leiter der Ulmer Forschergruppe.

Obwohl die erfolgreiche Entwicklung der Behandlung der akuten lymphoblastischen Leukämie in den vergangenen zwei Jahrzehnten dazu geführt hat, dass rund 80 % der Patienten dauerhaft geheilt werden können, kommt es bei jedem fünften Patienten zum Therapieversagen und zum Rückfall, der eine deutlich ungünstigere Prognose bedeutet. „Die Identifizierung von Patienten mit Frührezidiven wurde in der Vergangenheit dadurch erschwert, dass die Mehrzahl dieser Patienten zunächst als Niedrigrisikopatienten eingestuft wurden, also zu Behandlungsbeginn mit den derzeit verfügbaren Methoden nicht als Hochrisikopatienten erkannt werden konnten“, erläutert Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, der zusammen mit Dr. Lüder Meyer und Dr. Sarah Eckhoff die Ulmer Arbeitsgruppe bildet.

Zusammen entwickelten sie ein wissenschaftliches Modell, das, ausgehend von Leukämiezellen die direkt von Patienten stammen, die Leukämieerkrankung nachahmt. „In den vergangenen Jahren konnten wir so eine weltweit einzigartige Sammlung von Leukämien etablieren“, sagt Dr. Meyer und ergänzt: „Wir können nun besondere Subtypen der Leukämie identifizieren, die typisch für Patienten mit einem frühen Wiederauftreten der Leukämie sind.“

Was bedeutet dieses deutlich frühere Wissen für die Therapie? „Durch die detaillierte zell- und molekularbiologische Analyse konnten wir Veränderungen an Signalmolekülen nachweisen, die für Wachstum, Differenzierung und Zelltod von Leukämiezellen verantwortlich sind und die wir durch Medikamente beeinflussen können“, erläutert Prof. Debatin. Somit würden sich gute Hinweise dafür ergeben, dass auch diese mit einer sehr schlechten Prognose in Verbindung gebrachten Frührezidive einer Leukämie im Kindesalter behandelbar sind.

Die Ulmer Ärzte und Forscher in Personalunion sprechen in diesem Zusammenhang von einem Klassifikator, der in Kooperation mit Dr. Hans Kestler vom Institut für Neuroinformatik (Arbeitsgruppe Bioinformatik) der Universität Ulm gefunden wurde. Dieser kann die Hochrisikogruppe definieren und wird derzeit weiterentwickelt. Bestätigt wurde die Bedeutung des typischen Genexpressionsmusters auch im Rahmen der Zusammenarbeit mit Prof. G. Basso und Dr. G. te Kronnie von der Universität Padua (Italien), mit der die Universität Ulm und ihre Graduiertenschule eine Partnerschaft unterhält: In einer unabhängigen Gruppe von Patienten, die nach dem gleichem System behandelt worden sind, konnten ebenfalls die meisten Patienten mit einem frühen Rückfall identifiziert werden.

„Der frühe Rückfall einer akuten lymphoblastischen Leukämie ist generell schwer zu therapieren. Wir arbeiten derzeit innerhalb der internationalen Arbeitsgruppe an einer Weiterentwicklung des Modells und den sich daraus ergebenden therapeutischen Fragestellungen. Wir sind sicher, mit unseren Analysen einen Weg gefunden zu haben, der zur Identifizierung und Charakterisierung von besonderen Risikogruppen bei der ALL beiträgt“, fasst Prof. Debatin zusammen.

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