Nierenkrankheiten besser verstehen

28.08.2008 - Deutschland

Durch den Einbau eines Gen-Schalters kann bei Mäusen die Produktion einzelner Eiweißmoleküle in der Niere gezielt gesteigert oder gedrosselt werden. Damit lässt sich der Einfluss bestimmter Proteine auf die Krankheitsentstehung überprüfen. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum, dem Universitätsklinikum Heidelberg und aus weiteren Institutionen publizierten dieses Modell zur Untersuchung schwerer Nierenerkrankungen.

Zystenniere, Nierenfibrose oder das Nierenzellkarzinom: Viele Erkrankungen der Ausscheidungsorgane sind charakterisiert durch eine Überproduktion oder durch den Ausfall charakteristischer Proteine in den Nierenzellen. Ein internationales Team unter Federführung von Wissenschaftlern aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Universitätsklinikum Heidelberg entwickelte nun ein Tiermodell, um die Entstehung dieser Leiden besser zu untersuchen.

Die Forscher fügten in das Erbgut von Mäusen ein genetisches Schaltelement ein, über das die Produktion krankheitstypischer Proteine ausschließlich im Nierengewebe an- oder abgeschaltet werden kann. Ausgelöst wird dieser Schalter einfach durch den Zusatz des Antibiotikums Tetracyclin im Futter der Tiere.

Um zu prüfen, ob sich die Entstehung von Nierenkrankheiten an den genveränderten Tieren untersuchen lässt, kurbelten die Wissenschaftler im Nierengewebe der Mäuse die Produktion von c-Myc an. Bei zahlreichen Tumoren ist ein erhöhter Spiegel dieses Transkriptionsfaktors beschrieben. Bereits kurze Zeit nach Aktivierung des c-Myk-Gens entwickelten die Tiere Zysten, die zum Versagen der Organe führten. Bei einigen Mäusen entdeckten die Pathologen auch Nierenzellkarzinome. Als Reaktion auf die Überexpression eines anderen Signalmoleküls entwickelten die Mäuse Nierenfibrosen.

Bislang scheiterten Untersuchungen der Krankheitsentstehung an genveränderten Tieren häufig daran, dass die zu untersuchenden Proteine bereits im Mäuseembryo überproduziert werden. Dadurch kommt es oft zu schweren Missbildungen der Tiere, die sinnvolle Aussagen unmöglich machen. "Besonders vorteilhaft an unserem Modell ist, dass wir die krankheitstypischen Proteine in der Niere zu jedem beliebigen Zeitpunkt an- oder abschalten können", erläutern Privatdozent Dr. Robert Kösters vom Institut für Humangenetik der Universität Heidelberg und Professor Dr. Hermann-Josef Gröne aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum. "So können wir den natürlichen Verlauf der Krankheitsentstehung oder auch Heilungsprozesse gut simulieren."

Originalveröffentlichung: Milena Traykova-Brauch et al.; “An efficient and versatile system for acute and chronic modulation of renal tubular function in transgenic mice”; Nature medicine 2008

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