Die Alleskönner unter den Stammzellen
Forscher aus Kiel entwickelt Typisierungssystem
"Ständig entstehen neuartige Methoden zur Gewinnung neuer Stammzelllinien in der Kulturschale, die wir für Forschung und Therapie ja dringend brauchen", erläutert Dr. Franz-Josef Müller vom Zentrum für Integrative Psychiatrie (ZIP) am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. "Bisher konnten wir nur im Tierversuch herausfinden, wie potent die einzelnen Linien sind. Unsere neuen Instrumente, Methoden aus der Künstlichen-Intelligenz-Forschung und das 'PluriNet' geben uns nun die Möglichkeit, mittels computergestützter Modelle die Fähigkeiten der Zellen zu erkunden."
"Am meisten überraschte es uns, dass unterschiedliche pluripotente Stammzellen, zu denen auch die so genannten und in Deutschland kontrovers diskutierten embryonalen Stammzellen gehören, untereinander sehr ähnlich sind, während andere Stammzelltypen, wie z. B. die Stammzellen die aus Gehirngewebe gewonnen werden können, voneinander sehr verschieden sind," berichtet Müller.
Unter der Leitung von Professor Jeanne F. Loring, Direktor des Center for Regenerative Medicine am Scripps Research Institute in La Jolla, Kalifornien, sammelten Müller und seine Kooperationspartner Proben von über hundert Stammzelllinien aus der ganzen Welt ein. Mittels Gen-Chip und EDV-Auswertung konnten in verschiedenen Stammzelltypen bereits bekannte Stammzell-Gene nachgewiesen werden. Gleichzeitig machte die Auswertung aber auch deutlich, dass es hunderte weitere unterschiedliche Gene gibt, die erklären könnten, warum auch Stammzellen, die bisher als identisch galten, in Versuchen unterschiedlich reagieren.
Gemeinsam mit den israelischen Kollegen Igor Ulitsky und Professor Ron Shamir von der School of Computer Science der Universität Tel Aviv gelang es, die Daten aus Gen-Chip Untersuchungen auf bekannte Proteinnetzwerke zu "projizieren" und so auf elektronischem Wege Eigenschaften der einzelnen Zelllinien zuverlässig vorherzusagen. Anders als bisher in der Stammzellforschung haben die beteiligten Wissenschaftler mit dieser Arbeit das genetische System der Stammzellen insgesamt in den Blick genommen.
Um PluriNet für die internationale Forschergemeinschaft zur Verfügung zu stellen, entwickelten die Wissenschaftler eine Internetplattform, auf der sie alle Ergebnisse und das Modell der Öffentlichkeit frei zur Verfügung stellen. "Wir haben uns dafür entschieden, alles als 'open source' und mit Verknüpfungen zum weltweit freien Online-Lexikon Wikipedia bereit zu stellen", erläutert Franz-Josef Müller, "weil wir uns dadurch einen Anstoß für die internationale Forschung erhoffen. Je schneller die Erkenntnisse international aufgenommen und reflektiert werden, desto eher werden wir mit Stammzellen erfolgreich und sicher Patienten behandeln können."
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