Die Gene der Mutter aller höheren Tiere: Forscher publizieren Genom von Trichoplax adhaerens

22.08.2008 - Deutschland

Wissenschaftler der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), der Yale University und des Joint Genome Institute in den USA haben das Genom des Vielzellers Trichoplax adhaerens entschlüsselt. Trichplax spielt in der Evolutionsforschung eine wichtige Rolle, die Tiere haben die primitivste Struktur unter den Vielzellern und gelten als Ursprungsorganismen aller Tiere.

Das Genom von Trichoplax adhaerens ist mit nur 97 Millionen Basenpaaren das kleinste, nicht nachträglich vereinfachte, Genom, das bei Vielzelligen Tieren bekannt ist. Es weist zahlreiche Überraschungen auf: Obwohl Trichoplax weder Sinnes- noch Nervenzellen oder sogar Augen, besitzt, finden sich im Genom ein ganzes Dutzend Opsingene. Vorhanden sind auch eine Vielzahl von sogenannten Achsen- und Symmetrie-Genen, die bei höheren Tieren die Kopf-Schwanz- und Bauch-Rücken-Achse festlegen. Das ist bemerkenswert, da Trichoplax weder Symmetrien noch Körperachsen besitzt. Eine Gruppe von Genen, die sogenannten Antennapedia-Gene, die bei höheren Tieren die Körpergrundgestalt und die Hauptkörperachse festlegen, konnten ebenfalls im Trichoplax-Genom nachgewiesen werden. „Es wird vermutet, dass eine strukturierte Anordnung der Gene einer Strukturierung des Körpers vorausgegangen ist“, berichtet Prof. Dr. Bernd Schierwater, Initiator des Genom-Projekts und Leiter des Instituts für Tierökologie und Zellbiologie der TiHo.

Das Trichoplax-Genom gilt unter den Wissenschaftlern als Modellorganismus für höhere Tiere. „Die neuen Erkenntnisse ermöglichen es, die Evolutionswege Vielzelliger Tiere zurückzuverfolgen. Zu fast jedem Gen lässt sich im Trichoplax-Genom ein Urahn finden“, erklärt Prof. Dr. Bernd Schierwater. Durch Vergleiche mit dem Trichoplax-Genom könnten Wissenschaftler beispielsweise Rückschlüsse für die Krebsforschung ziehen. So wurden in Trichoplax fast alle Gene nachgewiesen, die auch beim Menschen das Zellwachstum kontrollieren. An ihnen könnten die grundlegenden Mechanismen der Zellteilung und des programmierten Zelltod untersucht werden. Diese Phänomene, die bei einer Krebsentstehung eine wichtige Rolle spielen, lassen sich an Trichoplax besonders gut untersuchen, da der Organismus lediglich fünf verschiedene Zelltypen besitzt.

Originalveröffentlichung: Nature 2008.

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