Neue Strategien gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs

Heinemann-Preise an zwei RUB-Forscher verliehen

19.12.2007

Über eine Finanzspritze von je 7500 Euro freuen sich Dr. Iris Tischoff und Dr. Harald Platta: Die beiden RUB-Forscher wurden bei der FoRUM-Tagung der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität mit dem diesjährigen Förderpreis der von der Dresdner Bank Bochum betreuten Sophia & Fritz Heinemann Stiftung ausgezeichnet. Iris Tischoff (Institut für Pathologie der RUB) erforscht die Ursachen der Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ihre Erkenntnisse zielen auf neuen Therapieansätzen führen. Harald Platta (Institut für Physiologische Chemie, Abt. Systembiochemie der RUB) untersucht peroxisomale Stoffwechselkrankheiten, die innerhalb der ersten Lebensjahre zum Tod führen. Seine Arbeit ist für die pränatale Diagnostik und mögliche Gentherapien von Bedeutung.

Tumoren entstehen nicht nur durch Veränderungen der DNA-Struktur infolge von Mutationen oder Deletionen (Verlust von Gen-Sequenzen), sondern auch durch Veränderungen, die die Lesbarkeit des genetischen Code beeinflussen. Diese so genannten epigenetischen Faktoren verfälschen die Genregulation und Gentranskription. Zu diesen Mechanismen zählen die Histonmodifikation und DNA-Methylierung. Bei der DNA-Methylierung wird durch das Anfügen von Methyl-Gruppen an bestimmte Moleküle der DNA die Lesbarkeit der genetischen Information gestört und somit die Transkription wichtiger Gene ausgeschaltet, die das Wachstum von Zellen regulieren oder zu einer "Entgiftung" von Zellen führen.

"Ziel des Projekt ist es, durch eine Modulation des epigenetischen Musters mit einer demethylierenden Substanz und einem Histondeacetylasehemmer in Pankreaskarzinomzelllinien neue Gene zu identifizieren, die an der Tumorentstehung von Pankreaskarzinomen beteiligt sind", erklärt Dr. Tischoff. Pankreaskarzinome haben mit einer durchschnittlichen Fünf-Jahres-Überlebensrate von weniger als vier Prozent eine sehr schlechte Prognose. Genaue Kenntnisse über epigenetische Mechanismen eröffnen neue therapeutische Angriffspunkte für den Einsatz demethylierender und histonhyperacetylierender Substanzen als Chemotherapeutika.

Peroxisomen sind essentielle Bestandteile kernhaltiger Zellen, die eine Vielzahl von Enzymen enthalten und in entsprechend viele Stoffwechselwege und Entgiftungsreaktionen eingebunden sind. Zu den schwerwiegendsten Krankheiten, die mit einer gestörten Funktion der Peroxisomen einhergehen, zählt das Zellweger-Syndrom. Aufgrund der starken Beeinträchtigung fast aller Organsysteme sterben die Patienten in den ersten Lebensjahren. Die genetische Ursache liegt bei 80 Prozent aller Patienten in Mutationen der für die Biogenesefaktoren Pex1p und Pex6p codierenden Gene. Pex1p wurde 1991 als erster peroxisomaler Biogenesefaktor von Erdmann und Kunau an der RUB entdeckt, doch blieb seine Funktion lange unbekannt, so wie auch die Beobachtung unerklärt blieb, weshalb in Patientenzellen nur leere peroxisomale Membranstrukturen (sog. "Ghosts") ohne Matrix-Enzyme zu finden sind. In gesunden Zellen werden diese Matrix-Enzyme von einem löslichen Rezeptor im Zytosol (Zellflüssigkeit) erkannt und an die Membran der Peroxisomen dirigiert, worauf die Enzyme in die Matrix importiert werden und der Rezeptor recycelt wird. Dr. Harald Platta gelang es nun, ein in vitro System zu etablieren, welches die Identifizierung von Pex1p und Pex6p als Motorproteine für den Export des Rezeptors von der Membran zurück ins Zytosol ermöglichte. Zudem konnte er demonstrieren, dass dieser Reaktionsschritt ein Erkennungssignal (Ubiquitin) und Energie (ATP) benötigt. Die mutierten Biogenesefaktoren sind nicht mehr in der Lage, den Rezeptor zu exportieren, so dass der Import von Matrix-Enzymen zum Erliegen kommt, was letztlich zum Funktionsverlust der Peroxisomen führt. Das gewonnene zellbiologische Verständnis um die Funktionsweise von Pex1p/Pex6p ist von Bedeutung für die pränatale Diagnostik und bildet die Basis zur Entwicklung gentherapeutischer Ansätze.

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