Opioide gegen Nicht-Tumor-Schmerzen
DGSS-Studie vergleicht mehrwöchige Wirksamkeit von Schmerzmitteln
Sorgatz interessierte unter anderem die zu erwartende Schmerzreduktion durch Opioide und andere Schmerzmittel im Vergleich mit wirkstofffreien Präparaten. Patienten, die letztere einnehmen, erfahren durch den reinen Placebo-Effekt eine Schmerzreduktion um durchschnittlich 8 Punkte auf einer Skala von 0 bis 100. Schmerzmittel bewirken eine zusätzliche Linderung des Schmerzes um rund 11 Punkte. Erst beide Faktoren zusammen erreichen die klinisch relevante Grenze von nahezu 20 Punkten Schmerzreduktion.
"Die in der Literatur als Placebo-Effekt bezeichnete Schmerzreduktion ist Ausdruck einer spontanen 'autoanalgetischen Kompetenz' des Menschen", erklärt Prof. Sorgatz. "Dass weder Medikamente noch Placebo-Effekt für sich allein eine klinisch bedeutsame, anhaltende Schmerzreduktion erzielen, unterstreicht die Bedeutung einer multidisziplinären Schmerztherapie, die sich aus dem bio-psycho-sozialen Schmerzmodell ableitet", erläutert der Psychologe. Die Schmerzlinderung, die durch die Kombination beider Faktoren in Schmerzpraxen erzielt wird, könnte sogar noch höher liegen als in den Studien. Im individuellen Arzt-Patienten Kontakt kann die autoanalgetische Kompetenz des Patienten besser gefördert werden als in den doppelt verblindeten Studien.
Das WHO-Stufenschema sieht die Behandlung von Schmerzen in drei Abstufungen vor: Leichtere Schmerzen sollten mit Nicht-Opioid-haltigen Schmerzmitteln wie z.B. Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen behandelt werden, mittlere mit Opioiden in Kombination mit Nicht-Opioiden und starke überwiegend mit Opioiden. Auf die mehrwöchige Behandlung von Nicht-Tumorschmerzen ist dieses Schema nicht übertragbar, fand Prof. Sorgatz heraus. "Die 62 Studien ergaben keine Belege für die im WHO-Stufenschema angedeutete Wirkungseinteilung 'schwach', 'mittel' und 'stark' für verschiedene Substanzgruppen", zieht er Bilanz. "Die Beurteilung der individuellen Verträglichkeit und von möglicherweise Organ schädigenden Nebenwirkungen könnte somit in der Verschreibungspraxis eine größere Bedeutung gewinnen als bisher vermutete Wirkungsunterschiede zwischen verschiedenen Substanzgruppen."
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