Proteom der Fruchtfliege weitgehend erschlossen

03.05.2007

Einem Forscherteam der Universität Zürich und der ETH ist es gelungen, einen hochqualitativen Katalog der Fruchtfliege Drosophila zu erschliessen. Damit wird umfangreiches Wissen zum Proteom, d.h. zur Gesamtheit aller Proteine eines Organismus, erstmals verfügbar. Dies ist ein grosser Schritt auf dem Weg zu einem grundlegenden Verständnis unseres Körpers - und zu einer verbesserten Krankheitsdiagnostik.

Um auf dem Gebiet der Proteomik ein System als Ganzes erfassen zu können, ist die Entwicklung sehr genauer, quantitativer und automatisierbarer Messverfahren und Methoden notwendig. Bis heute ist es nicht möglich, eine komplette Analyse aller Proteine eines Systems (z.B. des Blutserums oder eines Gewebes) durchzuführen. Die quantitative Gesamtanalyse aller Proteine einer Probe wäre jedoch von grösster Wichtigkeit, denn sie würde es unter anderem erlauben, krankhafte Veränderungen oder spezifische Krankheitsindikatoren in Gewebebiopsien oder Serumsproben umfassend nachzuweisen.

Unter Anwendung neuer Auswertungsverfahren ist nun ein wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht: Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe um die Systembiologen Erich Brunner, Sonali Mohanty und den Bioinformatiker Christian Ahrens von der Universität Zürich (Center for Model Organism Proteomes, Functional Genomics Center Zürich) sowie Professor Ruedi Aebersold von der ETH (Institut für molekulare Systembiologie) publizierte ihre neuste Studie in "Nature Biotechnology".

Gegenstand der Studie war das Proteom der Taufliege Drosophila melanogaster. Erstmals konnten mit dieser zweijährigen Forschungsarbeit rund 63% des Proteoms eines mehrzelligen Organismus gemessen und katalogisiert werden. Für die Studie wurden Proteine aus verschiedenen Entwicklungsstadien und von Zellkulturen extrahiert, und die durch enzymatische Verdauung entstandenen Fragmente der Proteine (Peptide) wurden im Massenspektrometer analysiert. Eine neuartige, kontinuierlich begleitende bioinformatisch-statistische Analyse der experimentellen Daten unterstützte die Proteinmessungen und verhalf, zusätzliche Experimente auf Bereiche des Proteomes zu fokussieren, welche durch bisherige Experimente nicht identifiziert werden konnten. Diese Arbeit führte zu einem bisher einmaligen, mehrere Terabytes umfassenden Datensatz.

Der neue Proteomkatalog liefert neuartige Erkenntnisse in verschiedensten wissenschaftlichen Bereichen. Zum Einen konnte für viele Proteine eine erste experimentelle Bestätigung geliefert werden. Das heisst, dass zum ersten Mal und in grossem Stil die auf der Gensequenz von Proteinen basierenden Vorhersagen validiert werden konnten. Zum Andern konnte gezeigt werden, dass die Messergebnisse dazu verwendet werden können, bestehende Gen-Modelle zu verbessern oder sogar bis anhin unbekannte Proteine und deren Gen-Modelle zu entdecken. Im Weiteren wurde dargelegt, wie die begleitende bioinformatische und statistische Analyse dazu verhalf, eine Vielzahl von Proteinen eines Zelltyps oder eines Gewebes gezielter und schneller zu erfassen. Diese Methode wird ein zentrales Element für die weitere Erschliessung des Proteoms bilden.

Von früheren Studien ist bekannt, dass zur eindeutigen Identifizierung eines Proteins die Erfassung einer kleinen spezifischen Untereinheit, eines sogenannten proteotypischen Peptids, genügt und dass solch ein Peptid gewissermassen die einmalige Signatur eines Proteins bildet. Unklar war bisher, welche Peptide eines Proteins als eindeutige Proteinsignatur verwendet und im Massenspektrometer gemessen werden können. Der vorgestellte Proteomkatalog ermöglicht es nun, diese einzelnen Signaturen für eine Vielzahl von Proteinen der Drosophila zu bestimmen. In Kombination mit neuen Messmethoden wird es damit in naher Zukunft möglich sein, mit deutlich geringerem Aufwand gezielt die spezifischen Proteinsignaturen zu messen - anstelle aller möglichen Peptide der Gesamtmenge von Proteinen. So wird es neu möglich sein, innert kurzer Zeit quantitative Daten über eine Vielzahl von Proteinen zu liefern. Da die Proteine anderer Organismen grundsätzlich gleich aufgebaut sind wie der Modellorganismus der Drosophila, können nun sowohl die Proteinsignaturen für andere Organismen als auch die noch fehlenden Drosophila-Proteine per Computer berechnet werden. Die neuen Messverfahren werden damit sehr schnell sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die humane Krankheitsdiagnostik von grossem Nutzen sein.

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