Stammzellforscher verordnen sich Standards
«Wildwuchs» vermeiden
(dpa) - Im Kampf gegen schwarze Schafe in den eigenen Reihen haben führende Stammzellforscher sich selbst einen Katalog mit länderübergreifenden Arbeitsstandards verordnet. Die Richtlinien beziehen sich ausschließlich auf die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen, wie die Projektgruppe der Internationalen Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR) ) im Journal «Science» berichtet. Weltweit sollen nun alle Forscher, die mit den Alleskönner-Zellen aus menschlichen Embryonen arbeiten, per Selbstverpflichtung erklären, dass sie diese Standards einhalten.
In den Richtlinien regelt die ISSCR viele umstrittenen Verfahren in der Arbeit mit Stammzellen früher Embryonen. So verbieten die Standards unter anderem das Klonen von Menschen und schaffen strenge Grenzen für das Erzeugen von Mischwesen aus Tier und Mensch, so genannten Chimären. Außerdem will die ISSCR die finanzielle Entlohnung von Eizellspenderinnen einschränken. Generell untersagen die Regularien alle Eingriffe, die wissenschaftlich nicht tatsächlich nötig sind.
Kernvorschlag der ISSCR ist zudem die Schaffung eines übergeordneten Aufsichtsgremiums für die Arbeit mit menschlichen embryonalen Stammzellen. Diese soll auch Genehmigungen erteilen für eine Reihe ethisch heikler Versuche, die in den Richtlinien gelistet sind. Dazu gehört unter anderem die Erschaffung von Tieren, die menschliche Keimzellen tragen.
Weitere Forderung der Stammzellforscher: Künftig sollen alle menschlichen Stammzelllinien, die nach ISSCR-Standards gewonnen wurden, in einer Datenbank aufgeführt werden. Zugleich würden Wissenschaftler verpflichtet, ihre sämtlichen Materialien anderen Forschern zugänglich zu machen.
Ziel der vorgelegten Standards sei es, den «Wildwuchs» in dem Forschungsfeld zu vermeiden, sagte der Münsteraner Stammzellforscher Hans Schöler, der als einziger Deutscher an der Erstellung beteiligt war. Zudem wolle die ISSCR die führenden Wissenschaftsjournale davon überzeugen, künftig nur noch Studien von Forschern zu veröffentlichen, die die Selbstverpflichtung unterschrieben haben. «Wenn die Journale sagen, wir publizieren das nicht, dann ist das schon ein ziemliches Druckmittel auf die Wissenschaftler», sagte Schöler.
Für die Öffentlichkeit sollen die Richtlinien ein Signal sein, sagte Schöler. Mit Hinblick auf den Klonskandal um den Koreaner Hwang Woo Suk und andere umstrittene Stammzellstudien der vergangenen Jahre ergänzte er: «Sicher werden die Richtlinien Skandale nicht verhindern können. Aber sie werden die wissenschaftliche Diskussion auf eine solide Basis stellen.»
An den neuen Standards arbeiteten 27 Forscher, Ethik-Experten und Juristen aus insgesamt 14 Ländern. In ihren Diskussionen bezogen die Vertreter die verschiedenen nationalen Regularien mit ein. Beteiligt waren unter anderem der Miterschaffer des Klonschafes «Dolly», Ian Wilmut von der Universität Edinburg, und der Leiter des Instituts für Krebs- und Stammzellbiologie der kalifornischen Stanford-Universität, Irvin L. Weissman.
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