Wenn geladene Teilchen beschleunigt oder abgebremst werden, geben sie eine elektromagnetische Strahlung ab. In sogenannten Synchrotrons werden Elektronen beinahe auf Lichtgeschwidigkeit beschleunigt und durch riesige Magneten auf einer Kreisbahn gehalten. Dabei entsteht die Synchrotronstrahlung, eine Strahlung, deren Intensität größer ist als die des Sonnenlichts. Für die Strukturforscher am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMB) in Jena ist diese Strahlung sehr attraktiv: Sie verwenden sie anstelle der viel schwächeren Röntgenstrahlung, um die dreidimensionale Struktur von Proteinkristallen aufzuklären und auf diese Weise die molekularen Vorgänge in gesunden und erkrankten Zellen zu verstehen. In Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg und dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) hat die Arbeitsgruppe um Prof. Rolf Hilgenfeld am IMB nun eine neue Meßstrecke, eine sogenannte "Beamline", am Deutschen Elektronensynchrotron (DESY) in Hamburg aufgebaut. Die Synchrotronstrahlung wird dabei mit Hilfe eines einen Meter langen, Nickel-beschichteten Spezialspiegels der Firma Carl Zeiss GmbH auf die Probe, den zu untersuchenden Proteinkristall, fokussiert. Im Rahmen einer kleinen Feierstunde wurde gestern die neue Einrichtung, die vom IMB und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit ca. 2,6 Millionen DM (inklusive 950.000 DM Personalmittel) finanziert wurde, eingeweiht. Die Hamburger Universitätsleitung, der Direktor des IMB und der Leiter des EMBL Hamburg begrüßten die Fertigstellung des Gemeinschaftsvorhabens. Der Vorsitzende des DESY-Direktoriums, Prof. Albrecht Wagner, wünschte den Jenaer und Hamburger Proteinkristallographen viel Erfolg beim Einsatz der Synchrotronstrahlung, dem "Licht der Erkenntnis", wie er es nannte. Die IMB-Forscher haben die Testphase während des Aufbaus der Meßstrecke bereits zur Aufklärung der Wirkung eines neuen Antibiotikums auf sein Zielprotein genutzt.