Schering braucht nach neuem Rückschlag dringend Forschungserfolge
(dpa-AFX) - Der Berliner Pharmakonzern Schering braucht nach einem erneuten Rückschlag für sein als milliardenschweren Hoffnungsträger angekündigtes Darmkrebsmedikament PTK/ZK dringend Forschungs- und Zulassungserfolge, um sein zukünftiges Wachstum zu sichern. Während es operativ derzeit bei Schering rund laufe, habe der Konzern in den vergangenen zwei Jahren bei der Zulassung wichtiger neuer Medikamente in den USA zahlreiche Enttäuschungen einstecken müssen, sagte Analyst Karl-Heinz Scheunemann vom Bankhaus Metzler am Donnerstag. Hier müsse Schering wieder punkten, um dem Aktienkurs weiter Auftrieb zu geben, sagen Analysten.
ZULASSUNG WOHL NICHT MEHR IN DIESEM JAHRZEHNT
Nach den jüngsten Rückschlägen vom März und Mai mit PTK/ZK hat eine laufende Studie in einer Zweitlinienbehandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für einen Überlebensvorteil nachweisen können. "Die Zulassungsstrategien für PTK/ZK werden auf Grundlage dieser Ergebnisse neu bewertet", sagte Schering-Sprecher Oliver Renner. Bislang sei aber noch unklar, ob sich die Einreichung der Zulassungsanträge abermals verzögere. Im März hatten die Berliner bereits angekündigt, die Zulassungsanträge nicht wie geplant 2005, sondern erst Anfang 2007 stellen zu wollen.
Karl-Heinz Scheunemann vom Bankhaus Metzler rechnet für das in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Pharmakonzern Novartis entwickelte PTK/ZK mit einer weiteren Verzögerung bei der Einreichung der Zulassungsanträge in der EU und den USA auf Ende 2007 oder Anfang 2008. "Mit Sicherheit wird es in diesem Jahrzehnt nichts mehr mit dem Produkt", sagte Scheunemann.
BÖRSE REAGIERT VERSCHNUPFT - PTK/ZK VOR DEM AUS
Die Börse reagierte verschnupft: Schering-Aktien verloren zuletzt 2,54 Prozent auf 51,85 Euro. Analysten halten nach dieser erneuten Bestätigung früherer Studienergebnisse die von Schering angepeilten Spitzenumsätze von einer Milliarde Euro für Makulatur. "Wenn PTK/ZK überhaupt noch auf den Markt kommt, dann nur noch als Nischenprodukt", sagte Analyst Thomas Brenning von der Helaba. Der Analyst hatte bisher für 2008 einen Umsatz von 200 Millionen Euro eingeplant. Nicht wenige Analysten hatten wegen der Unsicherheit über die Zulassung von PTK/ZK ihre Umsatzprognosen für das Medikament weiter gesenkt. Mit der jüngsten Enttäuschung bleibe das Pipelineproblem bei dem Berliner Pharmakonzern akut, sagte Analyst Alexander Groschke von der LRP.
SCHERING WOLLTE MIT PTK/ZK ABHÄNGIGKEIT VON BETAFERON SENKEN
Schering erzielt bisher mit dem Multiple-Sklerose-Medikament Betaferon und der seit 2004 in den USA zugelassenen Anti-Babypille Yasmin den Großteil seiner Umsätze. Mit PTK/ZK wollte Schering die Abhängigkeit von Betaferon verringern und im zum Kerngeschäft gehörenden Geschäftsfeld Onkologie zu den Konkurrenten Merck KGaA und dem Schweizer Pharmakonzern Roche aufschließen.
Die Schweizer eilen mit dem Krebsmedikament Avastin von Erfolg zu Erfolg und auch die im MDAX gelistete Merck KGaA kann sich über steigende Umsätze mit dem Krebsmedikament Erbitux freuen. Betaferon, mit dem die Berliner 2004 einen Umsatz von 782 Millionen Euro erzielten, ist in den USA bis 2010 und in Europa bis 2008 patentgeschützt. Nach den jüngsten positiven Zahlen zum zweiten Quartal bestätigte Konzernchef Hubertus Erlen den Umsatzausblick für die Anti-Babypille Yasmin. Danach rechnet der Konzern weiterhin mit einem starken zweistelligen Umsatzwachstum für die Pille. Für Betaferon peilt Schering nun ein hohes einstelliges Umsatzplus in lokalen Währungen an.
AUCH BONEFOS WURDE VERSCHOBEN
Vorerst keine sprudelnden Umsätze winken Schering auch beim Krebsmedikament Bonefos. Hier müssen die Berliner bis 2008 auf die Entscheidung der US-Arzneimittelbehörde FDA über die Marktzulassung warten. Ergebnisse einer für die endgültige Zulassung notwendigen Studie sind aber erst 2008 zu erwarten. Analysten rechnen deshalb - wenn überhaupt noch - nicht vor 2009 mit einer Zulassung für Bonefos. Zudem mussten die Berliner im Juni den für Ende 2005 geplanten Zulassungsantrag für das Krebsmedikament Asoprisnil auf 2006 verschieben.
Positive Nachrichten könnte Schering vor Jahresende liefern. Im vierten Quartal nämlich rechnet das Management um Hubertus Erlen nach Verzögerungen mit der Marktzulassung für die neue Antibabypille YAZ und das Hormonersatz-Präparat Angeliq.