WTO-Kompromiss über Medikamente für arme Länder steht
Die am Samstag verabschiedete Vereinbarung werde Produktion und Export der Arzneimittel weiter erschweren, hieß es von den Organisationen Ärzte ohne Grenzen und Oxfam. «Diese Regelung kommt vor allem den Interessen der USA und den Pharma-unternehmen der Industrieländer nach», sagte Tobias Luppe von Ärzte ohne Grenzen. Für Patienten in ärmeren Ländern gebe es hingegen kaum Verbesserungen. WTO-Generaldirektor Supachai Panitchpakdi sprach dagegen von einer «historischen Vereinbarung».
Die Einigung, die hauptsächlich wegen des Einlenkens der USA zu Stande kam, wurde auch als Zugeständnis an die Kritiker der WTO gesehen, die die Organisation als ein gegen die Interessen der Entwicklungsländer und für die Globalisierung eintretendes Organ ansehen. Mit dem Beschluss des WTO-Generalrates, in dem die 146 Staaten zusammengeschlossen sind, wird auch eine Verbesserung des Verhandlungsklimas für die vom 10. bis 14. September im mexikanischen Cancun stattfindende WTO-Ministerkonferenz erwartet.
Auf den Kompromiss hatten sich bereits am Mittwochabend in Genf die USA sowie Brasilien, Indien, Kenia und Südafrika verständigt. Gesucht wurde ein System, das armen Ländern ermöglicht, nicht nur etwa wie in Indien oder Brasilien Medikamente preiswerter zu produzieren (Generika), sondern auch importieren zu können, wenn sie keine eigene Pharmaindustrie haben. Dies war nach den WTO-Regeln bisher nicht erlaubt. Noch im Dezember vergangenen Jahres war eine Vereinbarung am Widerstand der USA gescheitert.
Jetzt muss sichergestellt werden, dass die Produktion solcher Generika hauptsächlich für den eigenen Markt bestimmt ist. Länder, die keine eigene Produktion haben, können diese Mittel nun importieren. Es soll gesichert werden, dass diese Ausnahmen nur gelten, wenn die öffentliche Gesundheit in Gefahr ist. Ein Re-Import oder der Schmuggel solcher Medikamente soll unterbunden werden. Damit sollen die Patentrechte besonders der großen US-Pharmaunternehmen geschützt werden.
Oxfam-Vertreterin Céline Charveriat kritisierte, die neue Regelung mache den Generika-Export derart kompliziert, dass die ärmeren Länder de facto keinen Gebrauch von derzeit üblichen Zwangslizenzen machen könnten, mit denen sie Generika-Medikamente zulassen. «Das heißt, sie werden zukünftig kaum eine Alternative zu den teuren Markenpräparaten haben.»