Der Eiweißhaushalt des Gehirns - was Proteine über Nervenkrankheiten sagen

Wissenschaftler gründen "Human Brain Proteome Project"

02.05.2003

Im Fußball verheißt der englische Ausdruck "kickoff" den Anstoß des Spiels. In der Wissenschaft kann er eine ganz ähnliche Bedeutung entwickeln. Wenn sich Forscher aus verschiedenen Erdteilen zu einem "Kick-off Meeting" treffen, wie am Montag, 28.4.2003, in Frankfurt am Main. Das Spiel in diesem Fall: die Gründung des "Human Brain Proteome Project" (HBPP, zu deutsch "Gehirn Proteom Projekt"). Prof. Dr. Helmut E. Meyer vom Medizinischen Proteom-Center (MPC) der Ruhr-Uni Bochum und Prof. Dr. Dr. Joachim Klose vom Institut für Humangenetik der Charité Berlin koordinieren das internationale Forschungsvorhaben. Wissenschaftler aus Europa und den USA wollen das Proteom des Gehirns untersuchen, um damit Störungen durch Krankheiten zu erkennen.

Katalog der Proteine

In Frankfurt trafen sich rund 20 Experten u.a. von Universitäten in Paris, Michigan, Berlin, Bochum, vom amerikanischen Nationalen Institut für Gesundheit, dem Zentrum für medizinische Forschung des US-Gesundheitsministeriums, und vom Max-Planck-Institut für Biochemie in München. Ziel des HBPP ist, die Proteine des menschlichen Gehirns zu katalogisieren. Die Forscher werden intensiver als bisher zusammenarbeiten und ihre Untersuchungen untereinander abstimmen. Bis zum Herbst diesen Jahres wollen sie die Struktur und Organisation des HBPP festigen. Auf nationaler Ebene wird bereits vielfach auf dem Gebiet der Proteomics experimentiert. MPC-Leiter Meyer organisiert seit 2001 das deutsche Projekt zur Erforschung des Gehirnproteoms, bei dem die RUB mit mehreren wissenschaftlichen Instituten und Partnern aus der Industrie zusammenarbeitet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert dieses Projekt zunächst bis Mitte 2004 mit etwa 11 Millionen Euro - mit Aussicht auf Verlängerung.

Aufwendiger als Genomforschung

Das Proteom bezeichnet den Gesamthaushalt aller Proteine, also der Eiweiße. Je nach Ort und Aufgabe einer Zelle setzt es sich sehr unterschiedlich zusammen. "Im Prinzip wollen wir herausfinden, wie das Proteom im 'gesunden' Gehirn aussieht, um dann die Veränderungen bei Krankheiten zu erkennen," sagt Dr. Michael Hamacher vom MPC. Langfristig wollen die Wissenschaftler so versuchen, nervendegenerierende Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose früher zu erkennen und besser zu therapieren. "Die Entschlüsselung des Proteoms ist noch schwieriger als die des Genoms. Bei den Erbinformationen gibt es zumindest eine festgelegte Anzahl von Genen. Aber zu welchem Zeitpunkt diese Gene aktiv sind und wie viel Protein sie tatsächlich bilden, ist nicht aus dem Genom ersichtlich. Diese Proteine werden dann noch zusätzlich modifiziert, also verändert. Ganz wichtig ist dabei das Zusammenspiel der Proteine", so Hamacher. "Das bedeutet einen sehr, sehr hohen Arbeitsaufwand. Die Datenflut ist immens."

Netzwerk zum Datenaustausch

Um die Ergebnisse aus Laboren in der ganzen Welt gezielter und schneller nutzen zu können, wollen die Wissenschaftler mit dem HBPP ein Netzwerk aufbauen. Das HBPP ist ein Projekt unter der Schirmherrschaft der "Humanen Proteom Organisation" (HUPO), der internationalen Dachvereinigung der Proteomexperten. Sie untersuchen der auch den Eiweißhaushalt anderer Organe wie der Leber.

Alltag einer Zelle

"Das Genom sagt nur wenig darüber aus, was in einer Zelle tatsächlich abläuft," sagt Hamacher. Den Arbeitsalltag einer Zelle bestimmen die Proteine, die ganz unterschiedliche Aufgaben haben. Einige Nervenzellen kommunizieren durch Eiweiße. Proteine werden als Aufbaustoffe in jeder Zelle gebraucht und liefern Energie. Oder sie übernehmen die Vervielfältigung von Erbinformationen. Proteine könnten auch die ersten Anzeichen für eine Krankheit liefern, bevor überhaupt Symptome auftreten. Gelingt es den Forschern, die Eiweiße zu bestimmen, die den Ablauf in der Zelle stören, könnten diese gezielter bekämpft werden. Damit könnten auch die Nebenwirkungen von Medikamenten gedrosselt werden. In den Bochumer Labors haben sich die Wissenschaftler unter anderem auf die Massenspektrometrie spezialisiert. Das Prinzip dieser komplexen Untersuchungsmethode erklärt Prof. Dr. Helmut E. Meyer: "In einfachen Worten wollen wir die hirnspezifischen Proteine identifizieren. Die aufgereinigten Eiweiße werden dafür klein geschnitten und können zusammen mit einer organischen Substanz kristallisiert werden. Einzelne Moleküle werden dann mit einem Laser aus dem Kristall geschossen. Je nachdem, wie schnell sie fliegen, kann ihre Masse sehr genau bestimmt werden."

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