Acrylamid in Kosmetika nach Expertenansicht unproblematisch

29.01.2003

Berlin (dpa) - Das Risiko von Acrylamid in Kosmetika kann nach Expertenansicht vernachlässigt werden. Zwar sei auch in den Schönheitsprodukten das Krebs erregende Gift nachgewiesen worden, allerdings sei noch völlig offen, was damit geschehe. «Wir wissen überhaupt nicht, ob auf die Haut aufgetragenes Acrylamid aufgenommen wird», sagte der Direktor des Instituts für Pharmakologie der Universität Köln, Professor Edgar Schömig, am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages. Die Wissenschaftler dementierten damit anders lautende Medienberichte vom vergangenen Wochenende.

Bereits seit 1999 gibt es in Deutschland eine Empfehlung zum Umgang mit Restacrylamid in Kosmetika. Damals hatte sich die Kosmetikkommission des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (jetzt Bundesinstitut für Risikobewertung) damit beschäftigt. «Seit Frühjahr 2002 ist der Restacrylamidgehalt zudem europaweit im Rahmen einer Richtlinie geregelt, so dass aus kosmetischen Produkten für den Verbraucher keine gesundheitlichen Risiken mehr resultieren sollten», sagte die Sprecherin des Bundesinstituts für Risikobewertung, Irene Lukassowitz.

Kosmetika können Polyacrylamid und damit auch seinen Ausgangsstoff Acrylamid enthalten. Daher hatte die Kosmetikkommission bereits 1999 empfohlen, die Menge an Restacrylamid in Kosmetika zu begrenzen. Auch für Trinkwasser gibt es vergleichbare Regelungen. Im Trinkwasser darf nur 0,1 Mikrogramm (millionstel Gramm) Acrylamid pro Liter vorhanden sein. Aus Lebensmittel-Verpackungen darf nicht mehr als 10 Mikrogramm pro Kilogramm Nahrung entweichen. Die Industrie verwendet Acrylamid unter anderem zur Herstellung von Harzen und Lacken.

Mit der Nahrung aufgenommenes Acrylamid wirke dagegen «wahrscheinlich» auch bei Menschen Krebs erregend, berichtete Schömig. Einem schwedischen Modell zufolge könnte Acrylamid der Auslöser für ein bis drei Prozent der Krebsfälle sein. In Deutschland wären das umgerechnet 8 000 bis 10 000 Krebsfälle pro Jahr. Insgesamt gibt es bundesweit nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts pro Jahr rund 350 000 neue Krebsfälle.

Der Leiter des Fachgebiets genetische Toxikologie am Bundesinstitut für Risikobewertung, Stephan Madle, kündigte an, dass es trotz umfangreicher Forschung kurzfristig keinen wissenschaftlich begründeten Grenzwert für Acrylamid in Lebensmitteln geben werde. «Das ist eine unbefriedigende Situation: Es gibt ein Risiko, aber wir wissen nicht, wie hoch es ist.» Schwedische Forscher hatten das im Tierversuch Krebs erzeugende und Erbgut verändernde Acrylamid erst im April vergangenen Jahres entdeckt.

Acrylamid entsteht unter anderem beim Erhitzen stärkehaltiger Lebensmittel wie etwa Kartoffeln. Vor allem die Höhe der Temperatur und die Dauer des Erhitzens beeinflussen den Anteil von Acrylamid.

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