Vitamin Ergothionein: Ein Antioxidans für sauerstofffreie Zonen?
Ergothionein ist ein schwefelhaltiges Vitamin. Während es Bakterien und Pilze selbst produzieren können, müssen es höhere Organismen aus der Nahrung oder aus dem Boden aufnehmen.
Vermutet wird, dass Ergothionein physiologisch für die Abwehr von oxidativem Stress in Zellen bedeutsam ist; die genaue Funktion ist jedoch nicht geklärt. Mangelerscheinungen sind bisher keine bekannt, was erklärt, warum das Vitamin lange übersehen wurde.
Um seine Funktion besser zu verstehen, erforscht die Gruppe um Prof. Dr. Florian Seebeck am Departement Chemie der Universität Basel die Abfolge der chemischen Reaktionen, mit denen Bakterien das Vitamin erzeugen.
Seit längerem ist ein sauerstoffabhängiger Reaktionsweg bekannt, bei dem ein zentraler Schritt in der Bildung einer Kohlenstoff-Schwefel-Bindung mithilfe von in der Luft enthaltenem Sauerstoff besteht. Bisher wurden jedoch nur aerobe Organismen betrachtet, die für ihren Stoffwechsel Sauerstoff benötigen.
Ohne Sauerstoff geht es auch
Die Basler Chemiker haben nun das grüne Schwefelbakterium Chlorobium limicola untersucht, das ebenfalls Ergothionein produziert. C. limicola zählt zu den strikt anaeroben Bakterien, ist also auf ein sauerstofffreies Milieu angewiesen.
Dabei haben die Forscher in anaeroben Bakterien einen neuartigen Biosyntheseweg entdeckt, bei dem die Bildung der Kohlenstoff-Schwefel-Bindung ohne Sauerstoff erfolgt.
Ist Ergothionein ein uraltes Molekül?
Ein Vergleich der Sequenzen von Enzymen des sauerstoffabhängigen bzw. -unabhängigen Biosynthesewegs weist darauf hin, das sich beide Wege evolutionär gesehen bereits früh in der Erdgeschichte auseinanderentwickelt haben. Ergothionein wurde womöglich schon vor ca. 3 Mrd. Jahren gebildet, also zu einer Zeit, als es noch gar keinen Sauerstoff in der Erdatmosphäre gab.
Die bisher vermutete physiologische Bedeutung bei der Abwehr von oxidativem Stress (also von reaktiven Sauerstoffverbindungen) erscheint dadurch in einem anderen Licht, und die Resultate legen nahe, dass Ergothioneine auch für das sauerstofffreie Leben wichtig sind.
«Unsere Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven, um die physiologische Funktion von Ergothionein bei Menschen und in menschlichen Pathogenen zu untersuchen und die zellulären Prozesse zu klären, an denen es beteiligt ist. Langfristig können sich daraus mögliche Ansatzpunkte für neue Therapien entwickeln», so Florian Seebeck.
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