Neuer Rohstoff entdeckt

Aconitsäure als Baustein für Bioplastik

29.08.2017 - Österreich

Plastik und Natur, das passt auf den ersten Blick nicht zusammen. Forscher des Austrian
Centre of Industrial Biotechnology (acib) sind da anderer Meinung: Ihnen ist es erstmals gelungen, den im
Boden vorkommenden Schimmelpilz Aspergillus niger so zu verändern, dass dieser Aconitsäure herstellen kann
– ein neuer Rohstoff und nicht zuletzt wichtiger Baustein für die Produktion ungiftiger Biokunststoffe. Das acib
setzt damit einen weiteren, wichtigen Schritt in der Erzeugung chemischer Produkte aus erneuerbaren
Ressourcen, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zum Wohle unseres Planeten zu beenden.

Die erstaunlichsten Innovationen stammen immer noch aus der Natur: Schimmelpilze etwa sind
chemische Spezialisten, die durch Fermentation aus erneuerbaren Rohstoffen wie Zucker eine Reihe
wichtiger Produkte herstellen können, angefangen bei Antibiotika über Waschmittelzusätze bis hin zu
Säuerungsmittel für die Lebensmittelindustrie. Das weiß auch die Industrie zu schätzen, die seit über 50
Jahren Zitronensäure – mengenmäßig eines der wichtigsten Produkte – großtechnisch mithilfe von
Schimmelpilzen wie Aspergillus niger herstellt. Innovativ und ohne Amtsschimmel dachte sich das
Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) kurzerhand, ob die schwarzen Pilze nicht sogar noch
mehr können, als man ihnen bisher zudachte.

Alter Pilz, neuer Rohstoff

In einem Projekt in Kollaboration mit der niederländischen Universität Leiden ist es dem acib gelungen,
den Bodenpilz als Produktionsvehikel von Aconitsäure zu verwenden. "Wir haben ein besonderes Eiweiß
aus einem anderen Pilz entdeckt, das gezielt Aconitat aus den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle,
heraustransportieren kann", erklärt acib-Projektleiter Matthias Steiger. In den Schimmelpilz eingebracht,
stellt dieser die wichtige Biochemikalie erstmals gezielt in einem Bioprozess her.

Wichtiger Schritt für biobasierte Produkte

Bisher wurde Aconitsäure, die ihren Namen von der Pflanze Eisenhut (Aconitum napellus) trägt, als
Nebenprodukt der Zuckerrübe isoliert. Sie kommt in sehr geringen Mengen ebenso als Teil des
Stoffwechsels in den Zellen eines jeden Lebewesens vor, wo sie die Umsetzung von Zuckern und Fetten in
Energie ermöglicht.
Dank der neuen Produktionsmethode soll sie nun vor allem für die chemische Industrie interessant
werden. "Ester der Aconitsäure können z.B. als Bausteine für die Herstellung von Biopolymeren dienen
und damit erdölbasierte Kunststoffe ersetzen. Außerdem eignet sie sich als ungiftige Alternative für
Weichmacher, für die Verwendung als Befeuchtungsmittel oder als Ausgangsstoff für andere
Chemikalien", weiß BOKU-Professor und acib-Key-Researcher Diethard Mattanovich, der im neuen
Rohstoff sogar die Herstellung von Produkten möglich sieht, "die es bisher noch nicht gab." Noch dauert
es ein paar Jahre, bis der Prozess industriell implementiert werden kann. Dennoch wird der Säure schon
jetzt Großes zugeschrieben. Mattanovich: "Insbesondere im Rahmen der Bioökonomie setzt die neue
Entwicklung einen weiteren wichtigen Schritt, in Zukunft alle chemischen Produkte aus erneuerbaren
Rohstoffen herzustellen und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu beenden."

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