Ein Holodeck für Fliegen, Fische und Mäuse
Biologen lassen sich von der TV-Serie „Star Trek“ inspirieren und ermöglichen neue Experimente der virtuellen Realität
Foto: https://strawlab.org/freemovr
Tiere und Menschen nutzen alle Sinneseindrücke, um ihre mentale Karte zu aktualisieren. Jedoch ist jede ihrer Bewegungen untrennbar mit ihren Empfindungen verbunden. Die Forscherinnen und Forscher mussten also die beiden voneinander lösen, um zu verstehen, wie das Gehirn unterschiedliche Informationen verarbeitet. Die Gruppe baute ein flexibles System für Mäuse, Fliegen und Fische – drei Arten, die häufig in Experimenten der Neurobiologie und Verhaltensforschung zum Einsatz kommen. „Wir haben eine umfassende, dreidimensionale virtuelle Realität geschaffen, in der sich die Tiere frei bewegen konnten“, erklärt Straw. „Dadurch konnten wir die von uns vorbereitete visuelle Landschaft mit ihren Handlungen und Wahrnehmungen verbinden.“ Zu den visuellen Landschaften gehören zum Beispiel vertikale Säulen, verschiedene Pflanzen und ein Schwarm so genannter Space Invaders, Figuren aus einem Computerspiel. Mehrere Kameras verfolgten die genaue 3-D-Position des Tieres und nahmen sie auf. Ein Computerprogramm registrierte jede Bewegung des Tieres innerhalb von Millisekunden, sodass immer ein aktuelles Bild an die Wand projiziert wurde.
Die Forschenden testeten, ob Mäuse virtuelle Höhenangst haben, veränderten und kontrollierten mit visuellen Reizen die Flugrichtung von Fliegen und kreierten Experimente, in denen Fische sich virtuell zwischen zwei unterschiedlichen Welten bewegten und ihr Verhalten je nach visueller Umgebung änderten. In einem weiteren Versuch simulierten sie einen Schwarm von Space-Invader-Figuren, in dem sich ein echter Fisch fortbewegte. Dier Schwarm war so programmiert, dass er den Fisch als einen Teil von sich behandelte, was sich wiederum deutlich auf das Verhalten des echten Tieres auswirkte. Darüber hinaus konnte das Team mit den Versuchen ein fundamentales Problem in der aktuellen Verhaltensforschung lösen: Bisher war es nicht möglich, die Interaktion zwischen mehreren Individuen direkt zu manipulieren. Gemeinsam mit der Gruppe um Prof. Dr. Iain Couzin von der Universität Konstanz und dem Max-Planck-Institut für Ornithologie entwickelten die Forschenden ein fotorealistisches Modell eines schwimmenden Fisches, der computergesteuert werden konnte und belegten, dass echte Fische in den meisten Fällen virtuellen Exemplaren ihrer Artgenossen folgen, wenn diese ihre Schwimmrichtung auf den echten Fisch ausrichten.
Originalveröffentlichung
John R Stowers, Maximilian Hofbauer, Renaud Bastien, Johannes Griessner, Peter Higgins, Sarfarazhussain Farooqui, Ruth M Fischer, Karin Nowikovsky, Wulf Haubensak, Iain D Couzin, Kristin Tessmar-Raible, Andrew D Straw: "Virtual reality for freely moving animals."; Nature Methods.