Neuer Biomarker für Hodentumore identifiziert

Bluttest könnte bei vielen Patienten mit Hodentumoren die Therapie deutlich erleichtern

16.06.2017 - Deutschland

Hodentumore sind die häufigste Krebserkrankung bei jungen Männern im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Ein wichtiges Hilfsmittel zur Beurteilung des Krankheitsverlaufes ist die Bestimmung der Konzentration sogenannter Biomarker im Blut der Patienten. Die bisherige Behandlung basiert auf den Serum-Konzentrationen der bekannten Tumormarker AFP, beta-HCG und LDH. Allerdings weisen nur etwa 50 bis 60 Prozent aller Keimzelltumoren überhaupt eine Erhöhung dieser Marker auf. Keimzelltumoren machen 90 Prozent aller Hodentumoren aus. Zurzeit suchen Wissenschaftler weltweit nach neuen Biomarkern für Hodentumoren. Besonders intensiv wird an kurzen RNA-Molekülen geforscht, sogenannte microRNAs, die vom Gewebe und Tumorzellen ins Blut abgegeben werden. Es gibt mehr als 2000 verschieden menschliche microRNAs. Jetzt haben Bremer Wissenschaftler unter Leitung von Privatdozent Dr. Gazanfer Belge aus dem Studiengang Biologie der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit Professor Klaus-Peter Dieckmann vom Hamburger Albertinen-Krankenhaus eine wichtige Entdeckung gemacht: Im Serum von Hodentumorpatienten konnte die microRNA-371a-3p als ein neuer Biomarker identifiziert werden. Die microRNA-371a-3p ist schon länger bekannt. Ihre mögliche Anwendung als Biomarker für Hodentumoren ist 2012 von den Bremer und Hamburger Forschern zum ersten Mal vermutet worden und wurde mit der letzten Studie endgültig belegt. Die Ergebnisse der Studie mit 166 Patienten mit Hodentumoren und 106 Kontrollen wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift „European Urology“ veröffentlicht.

Neuer Biomarker reagiert nur auf Hodentumore

An der Studie waren neben der Universität Bremen und dem Albertinen-Krankenhaus Hamburg, das Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, das Universitätsklinikum Eppendorf Hamburg und das Klinikum Bremen-Mitte beteiligt. Die Auswertung der Daten zeigte, dass sich durch die Messung der microRNA Hodentumore mit hoher Wahrscheinlichkeit nachweisen lassen. Zudem wurde ein Zusammenhang zwischen der Konzentration der microRNA-371a-3p im Serum und der Aktivität des Tumors festgestellt. Die Marker-Konzentration bei den Patienten war vor der operativen Entfernung des Tumors hoch und fiel nach der Operation ab. Wenn der Tumor erneut auftrat stieg die Konzentration der microRNA im Blut wieder an. Die microRNA-371a-3p-Konzentration ist ausschließlich bei Hodentumoren erhöht, nicht bei anderen Krebserkrankungen oder anderen Hodenveränderungen wie etwa Hodenentzündungen.

Umfassende Studie mit 300 Patienten

Aufgrund dieser vielversprechenden Ergebnisse soll jetzt der neue Biomarker in einer länderübergreifenden Studie getestet werden. Hierfür kooperieren die Bremer Wissenschaftler Gazanfer Belge und Arlo Radtke mit 40 urologischen und onkologischen Instituten in Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien und Ungarn. In diesen Kliniken werden Serumproben von Hodentumorpatienten genommen, die dann an der Universität Bremen analysiert werden. Insgesamt werden Proben von 300 Patienten mit Hodentumoren und 300 Kontrollseren untersucht. Hierbei liegt das Augenmerk auf Patienten mit metastasierten Tumoren. Ziel der Studie ist es, den Biomarker künftig routinemäßig in der klinischen Diagnostik einzusetzen. Außerdem wird das Potential zur Prognoseabschätzung, zum Verlauf und zur Beurteilung des Therapieerfolges bei metastasierten Keimzelltumoren geprüft.

Keine unnötigen operativen Eingriffe mehr

Durch einen Bluttest auf microRNA-371a-3p könnte bei vielen Patienten mit Hodentumoren die Therapie deutlich erleichtert werden: Computertomographie-Untersuchungen ließen sich deutlich reduzieren, da der Test auch die Aktivität des Tumors anzeigt. Weiterhin könnte der Test manchen Patienten unnötige operative Eingriffe ersparen. Die Studie ist ein akkreditiertes Projekt der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Hodentumoren Deutschland und wird von der Wilhelm Sander-Stiftung für Krebsforschung in München und der Albertinen-Stiftung Hamburg gefördert.

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