Neues Prüfverfahren für die Händedesinfektion entwickelt
©Hohenstein Gruppe
©Labor Dr. Merck & Kollegen
Durch eine praxisnahe Simulation des Einreibevorgangs von Händedesinfektionsmittel, ermöglicht es das neue Händedesinfektionsmodell Ergebnisse zu erzielen, die mit in Versuchen am Menschen gewonnenen Daten korrelieren. Dadurch ist ein Screening neu entwickelter Desinfektionsmittel unter realistischen Bedingungen möglich, mit dem Kosten eingespart werden können und kein Gefährdungspotential für Probanden besteht. Zudem lassen sich durch den Einsatz des Modells vergleichende Studien verschiedener Formulierungen eines Desinfektionsmittels auf eine zeit- und ressourcenschonende Weise durchführen.
Mit diesem Modell lässt sich nicht nur die bakterizide Wirkung, sondern vor allem auch die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegenüber Viren praxisnah testen. Die Grundlage dafür bildet eine technische Haut, die im Hinblick auf ihre Eigenschaften wie pH-Wert, Topographie, Fettgehalt und Feuchtemanagement der realen menschlichen Haut entspricht. Die Hohenstein Wissenschaftler haben sie zudem so optimiert, dass man sie als Ersatz für die Hände echter Probanden verwenden kann.
Ein weiteres Ergebnis des Projekts ist die Entwicklung eines motorbetriebenen Simulators mit einem drehbar gelagerten Arm. An der Kontaktstelle des Arms mit einem Sockel kann die künstliche Haut eingespannt werden. Durch die Rotation des Arms auf der Fläche und die Einstellung des Auflagedrucks können erfolgreich Reibebewegungen simuliert werden, die dem Reiben der Hände bei einer Desinfektion entsprechen.
Die Wissenschaftler der Labor Dr. Merk & Kollegen GmbH führten virologische Tests mit dem neu entwickelten Modell sowie in Probandenversuchen durch und erhoben Daten zur Desinfektionsleistung verschiedener im Handel erhältlicher Desinfektionsmittel gegen Noro-, Vaccinia- und Adenoviren. Die Ergebnisse aus den Versuchen mit menschlichen Probanden korrelierten dabei mit den mittels Händedesinfektionsmodell ermittelten Resultaten.
Praxisnahe Übertragungsszenarien konnten die Wissenschaftler beider Unternehmen im Laufe des Projektes ebenfalls erfolgreich simulieren und auswerten. Dafür stellten sie Infektionsketten (z.B. Hand - Türgriff - Hand) mit einem Stempelmodell unter Einsatz der technischen Haut oder verschiedener Metallplättchen nach und analysierten diese. Dabei zeigte sich, wie wichtig eine gründliche Händedesinfektion für die Unterbrechung der nachgestellten Infektionskette ist.
Die Prävention von nosokomialen, also durch den Aufenthalt in Krankenhäusern oder Pflegeheimen erfolgten Infektionen, im speziellen die Vorbeugung von Viruserkrankungen, ist von großer Bedeutung für medizinische Einrichtungen. Viruserkrankungen sind meist hoch infektiös und breiten sich rasant unter den Patienten aus. Die Desinfektion von Händen, vor allem beim Personal und bei Besuchern, ist ein wirksames Mittel um die Infektionskette zu unterbrechen und somit die Ausbreitung von Viren einzudämmen. Dafür ist es entscheidend, geeignete Händedesinfektionsmittel zu finden.
Damit ein Desinfektionsmittel als wirksam anerkannt wird und in medizinischen Einrichtungen verwendet werden darf, muss es beim VAH (Verband für angewandte Hygiene e.V.) oder Robert-Koch-Institut gelistet sein. Um ein Händedesinfektionsmittel listen lassen zu können, müssen Hersteller Gutachten zur Wirksamkeit vorlegen, welche in quantitativen Suspensionsversuchen ermittelt wurden. Diese Versuche sind jedoch nicht darauf ausgelegt, die Desinfektionswirkung in der praktischen Anwendung abzubilden. Bisher zur Verfügung stehende praxisnahe Versuche mit Probanden dagegen sind kostenintensiv und bergen immer ein Ansteckungsrisiko für die Testpersonen, sind aber äußerst wichtig, um die tatsächliche Desinfektionsleistung beurteilen zu können. Vor diesem Hintergrund stellt das neu entwickelte Händedesinfektionsmodell eine realistische und probandenunabhängige Prüfmethodik dar, um Händedesinfektionsmittel praxisnah auf ihre Wirkung zu testen.