Neues Verfahren zur Identifikation von Biomarkern etabliert
Krebs früh und präzise diagnostizieren zu können ist für eine erfolgreiche Behandlung entscheidend
© RUB, Marquard
Spezieller Workflow etabliert
Mit der vorliegenden Arbeit setzen die Bochumer Wissenschaftler ihre Vision für PURE vollständig in die Tat um. „Erstmals ist der zu Beginn geplante Workflow komplett abgebildet“, erklärt Prof. Dr. Klaus Gerwert, Sprecher von PURE. Dabei wird die frisch entnommene Gewebeprobe sofort gekühlt, zum Studienzentrum gebracht und dokumentiert. Es erfolgt die klassische Diagnostik, die standardmäßig jeder Patient erhält, sowie parallel eine Analyse mit dem Bochumer Verfahren.
Für die Studie arbeiteten die Wissenschaftler mit Gewebeproben sogenannter diffuser maligner Mesotheliome. Dabei verglichen sie zwei Subtypen des Mesothelioms – sarkomatoide und epitheloide Formen. Die Krebsart streut häufig in die Lunge und ist in der Regel tödlich.
Bochumer Verfahren zur Diagnose
Die Wissenschaftler bilden die Verteilung eines Tumors mit einem IR-Mikroskop mit hoher räumlicher Auflösung ab. Klaus Gerwert und Dr. Frederik Großerüschkamp entwickelten dieses Imaging-Verfahren im Rahmen von PURE. Sie können damit verschiedene Subtypen einer Krebsart unterscheiden – eine wichtige Information für Prognose und Therapie. Dafür braucht es weder eine Färbung noch Antikörper, die für die herkömmliche Pathologie notwendig sind. Da das Gewebe unbeschadet bleibt, kann dieselbe Probe weiter auf molekularer Ebene untersucht werden.
Nachdem der Tumor in der Gewebeprobe lokalisiert ist, schneiden die Forscher ihn mit einer speziellen Lasertechnik exakt aus. Am Medizinischen Proteom-Center der Ruhr-Universität, ebenfalls Teil des PURE-Konsortiums, analysierten Experten um Prof. Dr. Barbara Sitek und Prof. Dr. Katrin Marcus mithilfe der Massenspektrometrie die Proteinzusammensetzung des ausgeschnittenen Gewebes.
Personalisierte Diagnose
So können die Wissenschaftler ermitteln, welche der über 2.000 identifizierten Proteine im sarkomatoiden Mesotheliom im Vergleich zum epitheloiden Mesotheliom auffällig vermehrt oder vermindert vorliegen. „Wir können damit individuell für einen Patienten herausfinden, welche Signalwege in den Krebszellen verändert sind“, erklärt Klaus Gerwert, „und das ist eine wichtige Information für eine präzise Therapie.“
Die so identifizierten Proteine könnten künftig als Biomarker dienen, um die Krebsart bei weiteren Betroffenen zu detektieren. Die auf diesem Weg ermittelten Proteine glichen die Forscher mit denjenigen Biomarkern ab, die derzeit in der klassischen Pathologie genutzt werden. Das Ergebnis: Die Bochumer Methode identifizierte auch die fünf Biomarker, die bereits für die Diagnostik der Mesotheliom-Subtypen eingesetzt werden. „Auf diese Weise haben wir unsere Methode validiert“, erklärt Gerwert. Die PURE-Forscher fanden auch zusätzliche Biomarker. Gerwert: „Diese müssen allerdings mit einer größeren Probandengruppe im nächsten Schritt bestätigt werden.“
„Der entwickelte markerfreie Ansatz ist derzeit einzigartig und eröffnet die Möglichkeit, zukünftig gezielter nach Biomarkern zu suchen“, sagt Frederik Großerüschkamp.
Ziel: Biomarker in Körperflüssigkeiten finden
Gerwert und Kollegen wollen die Methode nun auf andere Krebsarten anwenden und so neue Biomarker identifizieren. Der Leiter des Lehrstuhls für Biophysik gibt einen Ausblick: „Unser Ziel ist es, die im Gewebe identifizierten Biomarker auch in Körperflüssigkeiten wie Blut und Urin wiederzufinden“, so Gerwert. „Das würde eine nicht invasive, präzise und prädiktive Diagnose mithilfe eines einfachen Antikörpertests ermöglichen.“
Diffuses malignes Mesotheliom
Das diffuse maligne Mesotheliom wird hauptsächlich durch Asbestbelastung ausgelöst. Die Tumoren sind sehr unterschiedlich ausgeprägt, und es erkrankt eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Menschen daran – das erschwert die Forschung. „Gerade in solchen Fällen kann unsere neue Methode Abhilfe bei der Biomarkersuche schaffen“, erläutert Großerüschkamp.