Einzeller im Kampf gegen Eindringlinge

Mikrobiologen entdecken Selbstverteidigungsmechanismus in Archaeen

23.03.2017 - Deutschland

Für alle Organismen ist die Verteidigung gegen Viren überlebenswichtig. In Menschen und Tieren wird dieser Abwehrkampf vor allem durch ein leistungsfähiges Immunsystem gewährleistet, das aus verschiedenen spezialisierten Zellen besteht. In Organismen, die nur aus einer einzigen Zelle bestehen, ist dies nicht möglich. In diese Gruppe fallen beispielsweise Archaeen. Regensburger Forscher um Prof. Dr. Dina Grohmann, Professorin für Mikrobiologie an der Universität Regensburg, konnten nun zeigen, dass das sogenannte „Argonaute Protein“ Teil der Verteidigungsstrategie in Prokaryoten ist. Die Regensburger Forschergruppe konnte nachweisen, dass das „Argonaute Protein“ des archaeellen Organismus „Methanocaldococcus jannaschii“ den Abbau fremder doppelsträngiger Desoxynukleinsäuren (DNA), wie sie zum Beispiel in Viren vorkommen, katalysieren kann.

Foto: Prof. Dr. Gerhard Wanner. Künstlerische Ausführung: Katharina Auguste Liphardt-Willkomm

Rasterelektronenmikroskopie Aufnahme von „Methanocaldococcus jannaschii“

„Argonaute Proteine“ gibt es nicht nur in Archaeen, sondern auch in Bakterien und Eukaryoten, wie zum Beispiel in Menschen, wo sie hauptsächlich der Regulation von Genen, die unter anderem Krebs-assoziiert sind, dienen. In vielen eukaryotischen Organismen, zu denen auch die Pflanzen zählen, haben sie allerdings auch eine wichtige Funktion für die Verteidigung gegen eindringende Viren. Jüngste Forschungsresultate zeigen, dass die einzelligen Archaeen direkte Vorfahren der Eukaryoten, d. h. auch des Menschen, sein könnten. Ein Vertreter der Archaeen ist der hyperthermophile Organismus „Methanocaldococcus jannaschii“, der nur bei sehr hohen Temperaturen – um die 85°C – in Abwesenheit von Sauerstoff wächst und mit seinen extremen Lebensbedingungen und in seiner Beschaffenheit eher einem Bakterium als einem eukaryotischen Organismus ähnelt. Eine Theorie besagt, dass Eukaryoten das „Argonaute Protein“ aus einem euryarchaeellen Organismus erhalten haben. „Dies macht die Erforschung des „Methanocaldococcus jannaschii Argonaute Proteins“ umso interessanter, da neben Informationen über das archaeelle Argonaute auch Rückschlüsse über „Argonaute Proteine“ in Eukaryoten und die Evolution der „Argonaute Proteine“ gezogen werden können“, erklärt Dr. Sarah Willkomm, eine der beteiligten Forscherinnen.

In Kooperation mit Dr. Sabine Schneider von der TU München konnte unter anderem die dreidimensionale Struktur des „Argonaute Proteins“ aus „Methanocaldococcus jannaschii“ aufgeklärt werden. Ein Vergleich mit dem menschlichen „Argonaute Protein“ enthüllte eine signifikante strukturelle Ähnlichkeit. Biochemische Untersuchungen zeigten jedoch große Unterschiede bezüglich Funktion und Mechanismus der verwandten Proteine. Im Gegensatz zu eukaryotischen „Argonaute Proteinen“ ist „Methanocaldococcus jannaschii Argonaute“ in der Lage, unspezifisch doppelsträngige DNA, wie sie in Viren oder eindringenden Plasmiden vorkommen, abzubauen. Dabei generiert es kurze Nukleinsäure-Fragmente, die es dann wiederum verwenden kann, um den Abbau der eindringenden Nukleinsäuren zu beschleunigen. Dies stellt einen besonders effizienten und anpassungsfähigen Mechanismus zur Verteidigung von „Methanocaldococcus jannaschii“ dar. Jedoch ist zusätzlich eine Strategie erforderlich, welche die genomische DNA des Organismus vor der Selbstzerstörung durch „Methanocaldococcus jannaschii Argonaute“ schützt. Wie die Regensburger Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Forschern um Prof. Dr. Finn Werner vom University College London zeigen konnten, wickelt hierzu „Methanocaldococcus jannaschii“ seine genomische DNA auf schützende Proteine auf. Das für diese Studien benötigte Zellmaterial wurde vom Biotechnikum des Lehrstuhls für Mikrobiologie der Universität Regensburg zur Verfügung gestellt, welches vor allem für die Massenkultivierung extremophiler Organismen bestens ausgestattet ist und so die Erforschung von Bereichen des Lebens ermöglicht, die ansonsten kaum zugänglich sind.

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