Impfung gegen Leberinfektionen

Forscher steigern die Effektivität von Impfungen gegen Viren, die sich in der Leber einnisten

08.03.2017 - Deutschland

Gegen Viren, die gezielt die Leber infizieren, fehlen häufig noch immer wirksame Impfungen. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind weltweit rund 400 Millionen Menschen mit dem Hepatitis B- oder Hepatitis C-Virus infiziert, pro Jahr sterben etwa 1,4 Millionen Menschen daran. Zudem gehören chronische Infektionen mit Hepatitis B oder C zu den häufigsten Auslösern von Leberkrebs und damit auch zu den häufigsten Gründen für eine Lebertransplantation. Einem Forschungsteam um Prof. Dunja Bruder vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ist es nun gelungen, Erkennungsmoleküle bestimmter Immunzellen gezielt mit einem Impfstoff zu erreichen und somit eine effektive Immunabwehr in der Leber hervorzurufen.

© HZI/Manfred Rohde

Eine menschliche dendritische Zelle (gelb-braun) tauscht Informationen mit zwei T-Zellen (blau) aus.

Das Hepatitis C-Virus infiziert – wie auch einige andere Viren – gezielt die Leber und kann dort eine lebensbedrohliche chronische Infektion verursachen. Obwohl das Virus bereits 1989 entdeckt wurde, ist es bislang nicht gelungen, eine wirksame Impfung dagegen zu entwickeln. Eine der Ursachen dafür ist, dass die Leber als Entgiftungsorgan ein schwieriges Milieu für die Ausbildung einer Immunantwort darstellt: Natürlicherweise ist sie dauerhaft potenziell schädlichen Substanzen ausgesetzt und würde das Immunsystem lahmlegen, würde sie ständig Alarm schlagen. Daher haben es Krankheitserreger leichter, sie dauerhaft zu infizieren. Dringen Viren in den Körper ein, identifiziert sie das Immunsystem normalerweise als fremd. Dendritische Zellen – das sind Immunzellen, die darauf spezialisiert sind, bei Infektionen das Immunsystem zu alarmieren – besitzen verschiedene Rezeptoren, die Teile der Erreger erkennen. Die Erkennung der Erregerbestandteile aktiviert die dendritischen Zellen, die wiederum die Erregerbestandteile, sogenannte Antigene, auf ihrer Oberfläche anderen Immunzellen – den T-Zellen – präsentieren. Daraufhin starten die T-Zellen dann Abwehrmechanismen gegen die Erreger. Eine Impfung setzt genau diesen Prozess in Gang: Üblicherweise enthalten Impfstoffe abgeschwächte Krankheitserreger oder auch nur Bestandteile von ihnen und lösen somit keine Erkrankung aus. Das Immunsystem wird aber dennoch stimuliert, da zusätzlich noch Impfverstärker – sogenannte Adjuvanzien – im Impfstoff enthalten sind, deren Aufgabe die gezielte Aktivierung der dendritischen Zellen ist. Die Effektivität einer Impfung lässt sich noch steigern, wenn die Antigene an Moleküle gekoppelt sind, die die Rezeptoren der dendritischen Zellen besonders gut erkennen. So werden die Antigene direkt zu den dendritischen Zellen geführt. Bislang war allerdings nicht bekannt, ob diese als „Targeting“ bezeichnete Methode auch die Immunabwehr gegen Viren in der Leber verbessern kann.

„Über das gezielte Ansteuern dendritischer Zellen im Rahmen einer Impfung ist es uns gelungen, in der Leber eine starke Immunantwort gegen Viren hervorzurufen“, sagt Dr. Julia Volckmar, Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe „Immunregulation“ von Prof. Dunja Bruder am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI). Dazu hat Volckmar Mäusen ein Antigen verabreicht – entweder pur oder gekoppelt an Moleküle, die an Rezeptoren auf dendritischen Zellen binden. Außerdem enthielten alle Ansätze Impfverstärker, um die dendritischen Zellen zu aktivieren. Nach drei Impfzyklen wurden die Immunreaktionen der Mäuse untersucht: „Die Mäuse, die das Antigen gekoppelt an ein Targetingmolekül erhalten haben, hatten deutlich mehr Antikörper und T-Zellen gegen das Antigen gebildet als Mäuse, die wir mit dem ungekoppelten Antigen geimpft hatten“, sagt Volckmar. Erwartungsgemäß führte das Targeting der dendritischen Zellen also zu einer effektiveren Immunantwort.

Anschließend infizierten die Wissenschaftler die unterschiedlich immunisierten Mäuse mit Viren, die vorwiegend die Leber infizieren und die genetisch so verändert waren, dass sie das Impfantigen herstellen Die Untersuchung der Leber zeigte bei allen immunisierten Mäusen eine Leberentzündung, die in diesem Fall ein gutes Zeichen dafür ist, dass im Zuge der Impfung spezifische T-Zellen gebildet wurden, die infizierte Leberzellen erfolgreich aufgespürt und beseitigt haben. Darüber hinaus haben die Wissenschaftler Blutproben und die Leber der Mäuse auf verschiedene klinische und immunologische Parameter getestet, die die Stärke der Immunreaktion anzeigen. „In der Leber der Mäuse, bei denen wir im Rahmen der Impfung gezielt die dendritischen Zellen angesteuert haben, konnten wir deutlich mehr aktive Killer-T-Zellen nachweisen, was für eine heftigere Abwehrreaktion gegen das Virus spricht“, sagt Julia Volckmar. Als Folge dieser starken Aktivierung von Killer-T-Zellen in der Leber waren kaum noch infizierte Leberzellen nachweisbar. Im Gegensatz dazu waren die Mäuse, die klassisch, also ohne Targeting des Antigens zu dendritischen Zellen immunisiert worden waren, nicht in der Lage, das Virus in der Leber erfolgreich zu bekämpfen.

„Mit dieser Studie konnten wir erstmals zeigen, dass die Impfung mit einem Antigen, das an ein Targetingmolekül für dendritische Zellen gekoppelt ist, auch in der Leber eine spezifische und vor allem äußerst effektive Immunantwort hervorrufen kann“, sagt Forschungsgruppenleiterin Dunja Bruder. Damit sei die Basis für eine verbesserte Impfstrategie bei Patienten mit viralen Leberinfektionen gelegt. Zudem könne der Impfansatz zur Vermeidung von Re-Infektionen bei Patienten interessant sein, die sich aufgrund einer chronischen viralen Leberinfektion und dem damit verbundenen vollständigen Verlust der Organfunktion einer Lebertransplantation unterziehen mussten.

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