Spenderorgane für die Forschung bei Bedarf

Realitätsnahe Organmodelle aus dem 3D-Drucker

04.10.2018 - Österreich

Die Herstellung von Organmodellen mit realitätsnahen Materialeigenschaften ist das Ziel eines jetzt an der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften gestarteten Forschungsprojekts. Der Einsatzbereich dieser biologischen Gegenstücke wird dabei vor allem in der Forschung und Medizinerausbildung liegen, bei der die Verwendung wertvoller Spenderorgane reduziert und komplizierte Eingriffe trainiert werden könnte. Umfangreiche Analysen von Material- und Organeigenschaften stehen am Beginn des Projekts. Die so gewonnenen Daten werden dann "Rezepte" für 3D-Druckern liefern, die Materialeigenschaften "on demand" produzieren können.

Auch Medizinerinnen und Mediziner müssen üben –  idealerweise nicht gleich am lebenden Objekt. Üblicherweise werden für ihre Aus- und Weiterbildung zahlreiche Spenderorgane eingesetzt, die nur einmalig und kurzzeitig verwendbar sind. Um komplexe Operationen mehrmals an derselben Gewebeprobe durchzuführen, braucht es neue Zugänge – beispielsweise mittels 3D Drucks. Grundlagen für einen ausgesprochen innovativen Beitrag legt nun ein Team um Prof. Dieter Pahr vom Fachbereich Biomechanik der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems (KL Krems): Mit seinen Projektpartnern der ACMIT GmbH in Wiener Neustadt und der TU Wien will er realitätsnahe Gewebe- und Organmodelle aus dem 3D-Drucker möglich machen.

Realität aus dem Drucker

Tatsächlich werden 3D-Drucker im medizinischen Alltag schon eingesetzt, beispielsweise um Modelle komplexer Operationssituationen zu schaffen. Daran können räumliche Gegebenheiten besser erfasst und Handgriffe geübt werden. Doch mangelt es den Modellen bisher an realitätsnahen Gewebeeigenschaften. Genau hier setzt das von der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. (NFB) geförderte Projekt an. Dazu Prof. Dieter Pahr: "Als Grundlage eines verbesserten 3D-Drucks für medizinische Modelle werden wir zunächst genau jene biomechanischen Eigenschaften identifizieren, die maßgeblichen Einfluss auf das gefühlte Gewebe- und Organverhalten haben. Daran anschließend werden wir untersuchen, welche Materialien sich für den 3D-Druck überhaupt eignen, was für Eigenschaften diese besitzen und welche realitätsnahen Mikrostrukturen druckbar sind." Anhand dieser fundamentalen Untersuchungen wird das Team anschließend erste Testprints mit geeigneten 3D-Druckmethoden machen.

Moderne Labore für Analysen

Bei der Analyse dieser ersten Testprints kommt dem Team um Prof. Pahr ein ausgesprochen gut ausgestattetes Labor für Materialuntersuchungen mit enger klinischer Anbindung an der KL Krems zugute. Mechanische Struktur- und Materialprüfungen können hier genauso erfolgen wie CNC-Fertigung oder moderne Gewebeaufbereitung. Auch ein Röntgen-Mikrocomputertomograf, der eine 3D-Röntgenbildgebung von feinsten, inneren Strukturen erlaubt, steht dort zur Verfügung und wird ergänzt mit hochmodernen Geräten zur Bildanalyse und Mikroskopie sowie modernster IT-Infrastruktur. Diese wird genutzt, um anhand der Analysedaten zwischen den erwarteten und den im 3D-Print tatsächlich erzielten Gewebeeigenschaften Beziehungen herzustellen. Dazu Prof. Dieter Pahr: "So werden wir ein Computer-Modell entwickeln, das es erlaubt, die mechanischen Eigenschaften eines 3D-gedruckten Gewebes anhand der Materialauswahl und der Druckeinstellungen vorherzusagen."

Doch tatsächlich will Prof. Dieter Pahr die Entwicklung mit diesem Projekt noch weiter vorantreiben. "Wir werden die Vorhersagen immer wieder mit tatsächlich erzielten Druckergebnissen vergleichen und das System ständig weiter optimieren. Schlussendlich werden wir ein System entwickeln, dem die benötigten Gewebeeigenschaften als Input dienen und das ein Rezept für benötigte Ausgangsmaterialien und Druckgeometrien als Output liefert." Das wäre ein signifikanter Fortschritt, der eine hohe Individualisierung und Realitätsnähe der für medizinische Zwecke notwendigen Gewebe- und Organmodelle ermöglichen würde. Die Verbindung von Materialforschung, medizinischem Know-how und Expertise in Erstellung von Computermodellen steht dabei exemplarisch für die gesamte Forschung an der KL Krems, die sich auf Nischenfelder in gesundheitspolitisch relevanten Brückendisziplinen mit echtem Mehrwert für Betroffene konzentriert.

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