Digitales Therapiesystems zur häuslichen Behandlung spezifischer Phobien

06.02.2017 - Deutschland

Die Angst vor Spinnen (Arachnophobie) ist die am weitesten verbreitete spezifische Phobie. Sie gehört zu der Gruppe der psychischen Störungen und tritt nach der Depression am häufigsten auf. Insgesamt leiden in Deutschland etwa 10 Prozent der Bevölkerung an einer solchen Phobie. Die bewährte Therapie zur Behandlung einer Arachnophobie ist die Expositionstherapie. Das bedeutet, dass der Patient mit dem angstauslösenden Stimulus, also einer Spinne, in der Realität konfrontiert wird. Obwohl die Arachnophobie mit der Expositionstherapie gut behandelbar ist, zeigen Studien, dass zwischen 60 und 80 Prozent der Patienten keine therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen, obwohl diese Phobie Leiden verursacht und die Betroffenen in ihrer Lebensqualität deutlich einschränkt. Die Gründe sind zum einen das fehlende Therapieangebot, da viele Therapeuten den logistischen Aufwand scheuen, den eine solche Therapie mit sich bringt. Zum anderen sind die Betroffenen oft nicht bereit, sich ihren Ängsten in der Realität zu stellen. Der Bedarf an einer alternativen digitalen Therapieform zur Behandlung solcher spezifischen Phobien ist daher hoch.

© Promotion Software GmbH

Digitale Therapie mittels Virtual-Reality-Datenbrille.

Im BMBF-Projekt »DigiPhobie« wird ein digitales Therapiesystem entwickelt, das die häusliche Durchführung der Expositionstherapie für Arachnophobiker ermöglicht. Dieses System besteht im Wesentlichen aus einer digitalen Therapieumgebung, einer tragbaren Datenbrille (Virtual- oder Augmented-Reality) und tragbaren Sensoren, die Vitalparameter während einer Therapiesitzung messen (Biofeedback). Das Fraunhofer IBMT übernimmt die Aufgaben in der Softwareentwicklung und Systemrealisierung für die Biofeedback-Steuerung sowie die Softwareentwicklung zum Therapiemanagement und zur Prognose des Therapieerfolgs.

Die »DigiPhobie«-Entwicklung beinhaltet die Übertragung der bewährten Expositionstherapie in die digitale Therapieumgebung, die auf der Datenbrille läuft. Die Therapie ist dabei in ein digitales Spiel eingebettet, das über das gemessene Biofeedback physiologische Angstreaktionen des Patienten erfasst und zur dynamischen Spielesteuerung nutzt. Die Daten zum Therapieverlauf und zum Patientenverhalten werden zentral in einer Therapiemanagement-Software erfasst und dem Therapeuten zur Verfügung gestellt. Die Wirksamkeit der digitalen Therapie wird in einer klinischen Studie untersucht und bewertet. Dies geschieht zum einen durch vergleichende Untersuchungen mit der klassischen Expositionstherapie und zum anderen durch magnetresonanztomographisch nachweisbare funktionelle Veränderungen des neuronalen »Angstnetzwerks«. Die Projektergebnisse stellen die Basis für die Produktentwicklung eines Systemkoffers dar, der sämtliche Soft- und Hardwarekomponenten des Therapiesets beinhaltet.

Das im Januar 2017 gestartete und auf 3 Jahre ausgelegte Verbundprojekt »DigiPhobie« wird von einem international erfahrenen, multidisziplinären Team von Experten aus den Bereichen Serious Games, klinische Psychologie und Psychotherapie sowie Medizin und Medizintechnik bearbeitet. Die Koordination übernimmt die Promotion Software GmbH, die auch die digitale Therapieumgebung entwickelt. Die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität des Saarlandes ist hauptverantwortlich für die Therapiekonzeption und ist an der Planung und Durchführung der klinischen Studie beteiligt. Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums des Saarlandes ist zuständig für die Untersuchung neuronaler Marker im Rahmen der klinischen Studie. In seiner Rolle als Technologieentwickler übernimmt das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT die Aufgaben in der Softwareentwicklung und Systemrealisierung für die Biofeedback-Steuerung sowie die Softwareentwicklung zum Therapiemanagement und zur Prognose des Therapieerfolgs. Das Fraunhofer IBMT erarbeitet eine kompakte und kostengünstige Biofeedback-Sensorlösung auf der Basis von tragbaren Körpersensoren für den geplanten Einsatz im häuslichen Bereich. Die physiologische Therapieüber¬wachung erfolgt über die messtechnische Erfassung und Analyse relevanter emotionaler Stressparameter wie Herzratenvariabilität, Hautleitfähigkeit und Atemfrequenz. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt in der Algorithmen- und Interface-Entwicklung.

Die Ergebnisse von »DigiPhobie« könnten neue Perspektiven für die Therapie von Patienten, die an spezifischen Phobien leiden, eröffnen. Die Betroffenen würden einen unkomplizierten, schnellen und kostengünstigen Zugang zu neuesten digitalen Therapiemöglichkeiten erhalten. Sie könnten schneller zum Therapieerfolg kommen und würden eine geringere Hemmschwelle verspüren, sich ihren Ängsten zu stellen.

»DigiPhobie« wird im Rahmen der Fördermaßnahme »Medizintechnische Lösungen für eine digitale Gesundheitsversorgung« vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Projektpartner:

  • Promotion Software GmbH (Koordinator)
  • Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT
  • Universität des Saarlandes, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie
  • Universi

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