LSD wirkt über Serotonin-Rezeptoren wahrnehmungsverändernd

Mögliche Ansätze für Pharmakotherapien bei psychiatrischen Problemen

30.01.2017 - Schweiz

Forschende der UZH haben herausgefunden, wie sich unter LSD die Wahrnehmung von Bedeutung im Gehirn verändert. Für die veränderte Wahrnehmung sind die Serotonin 2A-Rezeptoren verantwortlich. Diese Erkenntnis hilft, neue Pharmakotherapien für psychiatrische Krankheiten wie Depressionen, Abhängigkeitserkrankungen oder Phobien zu entwickeln.

PeteLinforth, pixabay.com, CC0

LSD wirkt im Gehirn über Serotonin-Rezeptoren wahrnehmungsverändernd.

Menschen nehmen alltägliche Dinge und Erlebnisse unterschiedlich wahr und messen beispielsweise Musikstücken unterschiedliche Bedeutung zu. Bei psychiatrischen Krankheiten ist diese Wahrnehmung oft verändert. Für Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen beispielsweise sind Drogenreize bedeutungsvoller als für nichtabhängige Personen. Oder Patienten mit Phobien nehmen die Dinge oder Situationen, die ihnen Angst machen, im Unterschied zu gesunden Personen mit überhöhter Bedeutung wahr. Eine verstärkte negative Bewertung des Selbst ist auch bei depressiven Patienten charakteristisch. Wie diese sogenannte persönliche Relevanz im Gehirn entsteht und welche neuropharmakologischen Mechanismen ihr zugrunde liegen, war bisher nicht bekannt.     

LSD verändert Bedeutungszuschreibung

Forschende der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich zeigen nun, dass LSD diesen Prozess durch die Stimulation des Serotonin 2A-Rezeptors, einem der 14 verschieden Serotonin-Rezeptoren im Gehirn, beeinflusst. Studienteilnehmer mussten vor Studienbeginn 30 Musikstücke als persönlich wichtig und bedeutend oder als persönlich unbedeutend kategorisieren. Im anschliessenden Versuch veränderte LSD gegenüber einem Scheinmedikament die Bedeutungszuschreibung: «Vorher als unbedeutend klassifizierte Musikstücke wurden unter LSD plötzlich zu persönlich bedeutenden Musikstücken», erklärt Katrin Preller, die zusammen mit Prof. Franz Vollenweider und dem Forschungsteam Neuropsychopharmakologie und Brain Imaging die Studie durchführt.

LSD wirkt über die Serotonin 2A-Rezeptoren

Zu solch überhöhten oder übertriebenen Bedeutungszuschreibungen auf Erlebnisse und Umweltreize kommt es bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen. Ein kohärentes Selbst dagegen hängt von einem funktionierenden Netzwerk von sogenannten kortikalen Mittelhirnstrukturen ab, wie neuere Studien zeigen. Bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen ist demnach dieses Netzwerk gestört. «LSD scheint nun genau auf dieses Netzwerk einzuwirken und das Bedeutungserleben zu beeinflussen», erläutert Katrin Preller.

Die Wissenschaftler konnten auch mithilfe funktioneller Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) zeigen, dass Studienteilnehmer nach der Einnahme von LSD vorher nicht relevanten Reizen mehr Bedeutung zumassen. Wurde hingegen vor der Einnahme von LSD der Serotonin 2A-Rezeptor pharmakologisch blockiert, wurden auch alle weiteren durch LSD ausgelösten psychischen Veränderungen normalisiert. «Dies war sehr überraschend, denn aus Studien mit Tieren ging hervor, dass LSD auch weitere Rezeptoren wie das Dopamin D2-System stimuliert», sagt Preller. Von diesem nahm man bisher an, dass es für die durch LSD ausgelöste Euphorie verantwortlich sein dürfte. Ebenso ging man davon aus, dass verschiedene Rezeptorsysteme an der Entstehung von Bedeutungserleben beteiligt sind. Die Ergebnisse der aktuellen Studie weisen aber deutlich auf die Schlüsselrolle des Serotonin 2A-Rezeptors hin sowohl für das subjektive Erleben unter LSD wie auch für die mittels fMRT objektivierten Veränderungen der Hirnaktivität. 

Mögliche Ansätze für Pharmakotherapien bei psychiatrischen Problemen

Diese Beobachtung gibt Aufschluss, wie LSD neuropharmakologisch im Gehirn wirkt und insbesondere wie die Pharmakologie von Bedeutungswahrnehmung funktioniert. Während der Serotonin 2A-Rezeptor dafür zuständig zu sein scheint, neue Bedeutung zu generieren, könnte das Dopamin-System die Relevanz von Reizen regeln, die wir generell als wichtig erachten. Diese Ergebnisse können damit einst Betroffenen von psychiatrischen Krankheiten zugutekommen, die durch veränderte Bedeutungswahrnehmung gekennzeichnet sind, wie Depressionen, Phobien und Abhängigkeitserkrankungen.

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