Qualitätsmanagement in der Zelle

Wie Rettungsproteine schadhafte Verbindungen entsorgen

23.01.2017 - Deutschland

Die Entsorgung fehlerhafter, im schlimmsten Fall toxischer Proteine ist für das Überleben einer Zelle von grundlegender Bedeutung. Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin konnten jetzt zeigen, auf welche Weise zwei spezielle Hilfsproteine fehlerhafte Boten-Ribonukleinsäure - die „Bauanleitung“ der Proteinbiosynthese - erkennen und deren Abbau initiieren.

Bei der Proteinbiosynthese wird die in den Genen gespeicherte Erbinformation durch das Ribosom, eine Art makromolekulare Maschine, in Eiweiße umgewandelt. Dabei wird die in den Chromosomen gespeicherte Information zuerst in eine mobile Form, die sogenannte Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) übersetzt. Diese wird anschließend vom Ribosom gelesen, dem sie als exakter Bauplan für die Herstellung der Proteine dient. Ist eine mRNA fehlerhaft, resultieren aus ihr defekte, möglicherweise schädliche Proteine, weshalb sie effizient erkannt und abgebaut werden muss.

In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler um Dr. Tarek Hilal, Wissenschaftler am Institut für Medizinische Physik und Biophysik der Charité, mRNAs ohne Stopp-Signal. Werden diese sogenannten nonstop-mRNAs vom Ribosom gelesen, stagniert der gesamte Prozess und die geordnete Beendigung der Proteinbiosynthese bleibt aus. Die Folge: das Ribosom kann keine weiteren Aktionen durchführen. Mit Hilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie analysierten die Forscher die Struktur solch blockierter Verbindungen aus Ribosomen und mRNA. Sie konnten zeigen, wie spezielle Hilfsproteine (Dom34 und Hbs1) derart arretierte Ribosomen erkennen und das Auflösen der blockierten Komplexe sowie den Abbau der mRNA einleiten. Dabei tasten die beiden Hilfsproteine konservierte Bereiche des Ribosoms ab, die typischerweise von mRNA besetzt werden. Durch diesen kompetitiven Bindungsmodus wird sichergestellt, dass nur Ribosomen an defekten mRNAs angegriffen werden.

„Die Erforschung der Auswirkungen defekter mRNAs und der Folgen eines mangelnden Abbaus gewinnt zunehmend an Bedeutung“, sagt Dr. Hilal. „Insbesondere bei neurodegenerativen Erkrankungen, wie beispielsweise der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS), konnten fehlerhafte mRNAs beobachtet werden. Ein molekulares Verständnis der zellulären Kontrollmechanismen kann daher hilfreich sein, um Ansatzpunkte für therapeutische Zwecke zu finden“, ergänzt er.

Originalveröffentlichung

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