Wirkstoff gegen Schuppenflechte trifft womöglich das falsche Ziel
Der Antikörper Ustekinumab wird seit 2009 erfolgreich als Medikament gegen Schuppenflechte eingesetzt. Er hemmt die ursächliche Entzündung, indem er bestimmte Botenstoffe des Immunsystems neutralisiert. Forscher der Universität Zürich und des Zentrums Allergie und Umwelt in München haben nun gezeigt, dass einer dieser neutralisierten Botenstoffe allerdings bei der Bekämpfung der Krankheit hilfreich sein könnte.

Hans, pixabay.com, CC0
Die gemeine Schuppenflechte, auch Psoriasis vulgaris genannt, ist eine entzündliche Hautkrankheit, die durch stark schuppende, punktförmige bis handtellergrosse Hautstellen gekennzeichnet ist. Die Krankheit betrifft Schätzungen zufolge zwischen zwei und drei Prozent aller Europäer. Als Ursache gelten Fehlfunktionen des Immunsystems, bei denen die Abwehrzellen das körpereigene Gewebe als fremd erkennen und es angreifen.
Entzündungsbotenstoffe neutralisieren als wirksame Therapie
In der Klinik wird daher versucht, die Entzündungsbotenstoffe abzufangen. So bindet etwa der Antikörper Ustekinumab die beiden Interleukine IL-12 und IL-23 und hemmt dadurch deren vermeintliche entzündungsfördernde Wirkung. Der Wirkstoff kommt speziell bei Patienten mit Plaque-Psoriasis zum Einsatz, bei denen oberflächliche Therapien nicht angesprochen haben.
«Die Forschungsresultate, die in den letzten zehn Jahren erzielt wurden, zeigen, dass bei der Entwicklung der Schuppenflechte IL-23 die zentrale Rolle spielt», erklärt Burkhard Becher, Professor am Institut für Experimentelle Immunologie der UZH und Verantwortlicher der Studie, die in Nature Communications publiziert wurde. «Gemäss unseren Studienergebnissen hat IL-12 jedoch eine positive Wirkung auf die von Psoriasis betroffene Haut.»
Wirkung gegen Interleukin 12 ist möglicherweise kontraproduktiv
In ihrer Arbeit hatten die Forscher zunächst am Versuchsmodell untersucht, welchen Einfluss die einzelnen Botenstoffe IL-12 und IL-23 auf die Zellen der Haut haben. Dabei stellten sie fest, dass IL-12 in den Hautzellen ein schützendes Programm aktiviert und zudem das Einwandern bestimmter pathogener Immunzellen (IL-17 produzierende T-Zellen) unterbindet, was die Entzündungsreaktion hemmt.
Burkhard Becher ordnet die Ergebnisse folgendermassen ein: «Unsere Experimente weisen darauf hin, dass IL-12, ganz anders als IL-23, einen durchaus positiven Effekt in der Psoriasis-belasteten Haut hat. Da der Wirkstoff Ustekinumab, der routinemässig in der Therapie gegen Schuppenflechte angewendet wird, aber sowohl IL-23 als auch IL-12 neutralisiert, sollte eingehend untersucht werden, ob die Wirkung gegen IL-12 nicht kontraproduktiv ist.»
Die Wissenschaftler wollen künftig weiter erforschen, ob sich IL-12 auch auf andere Krankheitsbilder positiv auswirken könnte. Dessen Rolle und Wirkungsweise sei bisher viel zu wenig untersucht worden, bemängeln sie. Stefan Haak, Forschungsgruppenleiter am Zentrum Allergie und Umwelt, einer gemeinsamen Einrichtung des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München ergänzt: «Neue Daten aus klinischen Studien stützen unsere Hypothese, und die spezifische Hemmung der IL-23/IL-17 Achse alleine wäre vermutlich eine zielgerichtetere Alternative.»
Originalveröffentlichung
Paulina Kulig, Stephanie Musiol, Sandra Nicole Freiberger, Bettina Schreiner, Gabor Gyülveszi, Giancarlo Russo, Stanislav Pantelyushin, Kenji Kishihara, Francesca Alessandrini, Thomas Kündig, Federica Sallusto, Günther F.L. Hofbauer, Stefan Haak & Burkhard Becher; "IL-12 protects from psoriasiform skin inflammation"; Nature Communications; November 28, 2016.
Meistgelesene News
Originalveröffentlichung
Paulina Kulig, Stephanie Musiol, Sandra Nicole Freiberger, Bettina Schreiner, Gabor Gyülveszi, Giancarlo Russo, Stanislav Pantelyushin, Kenji Kishihara, Francesca Alessandrini, Thomas Kündig, Federica Sallusto, Günther F.L. Hofbauer, Stefan Haak & Burkhard Becher; "IL-12 protects from psoriasiform skin inflammation"; Nature Communications; November 28, 2016.
Themen
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Zuletzt betrachtete Inhalte
Hereditäre_Neuropathie_mit_Neigung_zu_Drucklähmungen

Neuer Ansatz zur sinnvollen Nutzung von Kohlenstoffdioxid aus Autoabgasen - „Es wurde eine Methode entdeckt, die unreine CO2-Ströme nutzt und einen Durchbruch bei der Synthese wertvoller Chemikalien und Pharmazeutika ermöglicht“

Magnetresonanztomographie zeigt erstmals Entzündungen im Gehirn in vivo - Forscher haben zum ersten Mal Bilder von der Aktivierung von Mikroglia und Astrozyten erhalten
Bayreuther Projektziel: Aufklärung des Mechanismus der Virus-Vermehrung in bakteriellem Wirt
Waldner übernimmt HAS Technologie GmbH - Durch die Integration in die Waldner Unternehmensgruppe erweiterte Waldner sein Leistungsspektrum im Bereich Automatisierungssysteme und Anlagenbau

Weltweit erstes konfokales Lichtmikroskop zur Untersuchung chiraler Moleküle - Diese Entdeckung ist ein großer Durchbruch, der es Forschern ermöglichen wird, bisher unerforschte Bereiche der Biologie und Chemie zu analysieren

Signifikante Unterschiede zwischen den krebsfördernden Enzymen USP25 und USP28 identifiziert - Neue Wegweiser für Krebsmedikamente

Bristol Myers Squibb verlängert Proteomik-Partnerschaft mit Evotec
MEDLINE
