Kalzium stellt Weiche für chronische Lungenentzündung
Universität Basel, Biozentrum
Einer der gefürchtetsten Krankheitserreger in Krankenhäusern ist das Bakterium Pseudomonas aeruginosa. Es gehört zu den häufigsten Erregern von Krankenhausinfektionen und ist aufgrund von Multiresistenzen gegenüber Antibiotika schwer zu bekämpfen. Das Spektrum an Krankheiten, die durch P. aeruginosa verursacht werden, ist äusserst umfangreich. Am häufigsten ruft der Keim chronische Lungenentzündungen bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem hervor.
Kalzium schaltet von akuter zu chronischer Virulenz um
Im frühen, akuten Stadium der Lungenentzündung nutzt der Keim ein breites Arsenal an Waffen – sogenannte Virulenzfaktoren – um sich im Wirt festzusetzen und dem Immunsystem zu entkommen. Beim Fortschreiten der Infektion ändert das Bakterium seine Strategie und schaltet von akuter zu chronischer Virulenz um: Es stoppt die Produktion von Virulenzfaktoren, wie bakterielle Injektionsnadeln und Toxine, dafür bildet es eine schützende Schleimhülle – einen Biofilm. Das Team um Prof. Urs Jenal, Infektionsbiologe am Biozentrum der Universität Basel, hat nun mit Kalzium zum ersten Mal ein Signal entdeckt, das den Schalter zu chronischer Virulenz umstellt.
«In Pseudomonas gibt es einen zentralen Signalweg, der die Informationen aus der Umgebung sammelt und schliesslich entscheidet, ob der Erreger vom akuten in den chronischen Zustand wechselt», erklärt Jenal. «Obwohl der Signalweg schon länger bekannt ist, wusste man bislang nicht, welche äusseren Signale die Virulenz von akut zu chronisch umschalten.» Wie die Forscher nun herausgefunden haben, misst ein Enzym in der Bakterienmembran die Menge an Kalzium in der Umgebung und leitet das Signal ins Zellinnere weiter. Bei einer hohen Kalziumkonzentration wechselt Pseudomonas ins chronische Programm: Die Bakterien im Biofilm drosseln ihr Wachstum und können dadurch Antibiotika besser tolerieren und dem Immunsystem Paroli bieten.
Zystische Fibrose-Patienten tragen kalzium-sensitive Bakterien
Dass dies auch klinisch relevant ist, konnten die Infektionsbiologen bei Patienten mit Zystischer Fibrose nachweisen. Die Betroffenen leiden ihr Leben lang an chronischen Infektionen mit P. aeruginosa, die zur Zerstörung des Lungengewebes führen. «Auch die Bakterien, die wir direkt aus den Atemwegen der Patienten isolierten, reagierten empfindlich auf Kalzium», betont Jenal. «So können sie ihre Virulenz jederzeit den sich oftmals ändernden Bedingungen in den Atemwegen anpassen. Ein wichtiges Merkmal der Zystischen Fibrose ist unter anderem der gestörte Kalzium-Haushalt. Da die Patienten oft erhöhte Kalzium-Spiegel aufweisen, gehen wir davon aus, dass dies den Übergang vom akuten zum chronischen Stadium begünstigt. Dies wiederum ist für die Keime von Vorteil, denn sie sichern sich so ein langfristiges Überleben in den Atemwegen. Die Behandlung der Betroffenen wird dadurch jedoch erschwert.»
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