Genome Editing bei Pflanzen
Biologenverband für pragmatischen Umgang im geltenden Rechtsrahmen
„Genome Editing bei Pflanzen: Vorschlag für einen pragmatischen Umgang im aktuellen Rechtsrahmen“, unter diesem Titel hat der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO e. V.) gemeinsam mit Mitgliedsgesellschaften aus den Bereichen Botanik, Molekularbiologie und Biotechnologieein Impulspapier vorgelegt. Durch bestimmte Verfahren entstandene Pflanzenlinien, die keine Transgene enthalten und sich nicht von Linien unterscheiden, die durch herkömmliche Verfahren der Mutagenese bzw. durch natürliche Mutationen entstanden sind, fallen nach Ansicht des Biologenverbandes nicht unter § 3.3 des geltenden Gentechnikgesetzes.
Die neuen Verfahren des Genome Editing, zu deren Werkzeugen neben TALEN, Zinkfingernukleasen und ODM auch das CRISPR-Cas9-System gehört, erlauben es, das Erbgut von Organismen punktgenau und mit hoher Präzision zu verändern. Die Veränderungen lassen sich dabei mitunter nicht von jenen unterscheiden, die in der Natur vorkommen oder mit Hilfe konventioneller Methoden erzeugt werden. Die Methoden des Genome Editing stellen daher den Gesetzgeber in Hinblick auf den Gegenstand der Regulierung und die Geschwindigkeit der Entwicklung vor große Herausforderungen.
„Es bedarf dabei einer sorgfältigen Abwägung von Stärken und Schwächen sowie möglicher Risiken der neuen Methoden mit dem Ziel, zukünftig eine verantwortungsvolle Anwendung des Genome Editing auch im Bereich der Pflanzenforschung zu ermöglichen“, erläutert Prof. Dr. Bernd Müller-Röber, Präsident des VBIO. „Wir haben daher gemeinsam mit einigen unserer Mitgliedsgesellschaften ein Impulspapier vorgelegt, das die derzeit diskutierten Methoden des Genome Editing drei Gruppen zuordnet“, so Müller-Röber weiter.
Diese drei Gruppen lassen sich wie folgt charakterisieren:
- GE-1: Verfahren, die zu einer Mutation (Punktmutation, kurze Deletion oder Insertion) in der DNA der Pflanzen führen.
- GE-2: Verfahren, bei denen eine kurzes Stück DNA in die pflanzliche Erbinformation integriert wurde, das nahezu identisch zur ursprünglichen Sequenz ist, aber einzelne Basenänderungen enthält.
- GE-3: Verfahren, bei denen DNA integriert wird, die neben der ursprünglichen Sequenz ein längeres DNA-Fragment (mehr als 20 Basen) oder ein komplettes Gen eines anderen Organismus beinhaltet, was mittels molekulardiagnostischer Verfahren nachweisbar ist.
Für eine sachgerechte Herangehensweise auf der Basis des geltenden rechtlichen Instrumentariums empfiehlt der VBIO im Bereich der Pflanzenforschung eine Interpretation, die sich am Fehlen von längeren DNA-Fragmenten (mehr als 20 Basen) oder von Genen anderer Organismen in den mittels Genome Editing erzeugten Pflanzen orientiert. Dies gilt auch dann, wenn zwischenzeitlich Transgene für technische Komponenten des jeweiligen Verfahrens im Genom der Pflanze integriert waren, sofern diese anschließend entfernt wurden.
Mit GE-1- und GE-2-Methoden des Genome Editing hergestellte Pflanzenlinien würden gemäß der vom VBIO vorgeschlagenen Interpretation nicht unter die Begriffsbestimmung nach § 3.3 des geltenden Gentechnikgesetzes fallen, welcher ausdrücklich nur einen solchen Organismus als gentechnisch verändert einstuft, dessen„genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt“.
Mit GE-1- und GE-2-Methoden erzeugte Produkte sind in Bezug auf die Bewertung der Sicherheit für Anwender und Konsumenten als gleichwertig zu solchen aus konventioneller Züchtung zu beurteilen. Sie unterliegen damit auf europäischer und nationaler Ebene auch den gleichen Regularien, wie z. B. der Lebensmittelbasisverordnung (EG) Nr.178/2002.
„Wir würden es sehr begrüßen, wenn sich die damit befassten Ministerien und Behörden unserem pragmatischen Ansatz anschließen könnten“ betont VBIO-Präsident Müller-Röber auch im Namen der Mitgliedsgesellschaften, die das Impulspapier mitgezeichnet haben. Es sind dies: die Deutsche Botanische Gesellschaft (DBG), die DECHEMA-Fachgemeinschaft Biotechnologie, die Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM), die Gesellschaft für Genetik (GfG), die Gesellschaft für Pflanzenzüchtung (GPZ), die Gesellschaft für Pflanzenbiotechnologie (GfPB), sowie der Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik (wgg).