Wie schwarzer Hautkrebs seine eigene Ausbreitung fördert

26.08.2016 - Deutschland

Pigmentzellen, aus denen der bösartige schwarze Hautkrebs (Melanom) entsteht, versenden kleine Bläschen mit dem Farbstoff Melanin, der die Haut vor UV-Strahlung schützt. Bei Melanomzellen sind in den Bläschen zusätzlich winzige RNA-Moleküle enthalten, die Bindegewebszellen in den unteren Hautschichten umprogrammieren. So schafft sich das Melanom selbst eine „Nische", in der es sich in der Nähe der Blutgefäße einnistet, was sein Wachstum und seine Ausbreitung fördert. Dies entdeckten Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums gemeinsam mit Kollegen von der Universität Tel Aviv. Die Forscher testeten auch Wirkstoffe, die in diesen Prozess eingreifen und damit die Krebsausbreitung bremsen könnten.

© Shani Dror und Carmit Levy, Tel Aviv University

„Tumor in situ“ – die Melanomzellen haben ihr Ursprungsgewebe, die Epidermis, noch nicht verlassen (grün: Bindegewebszellen, rot: ausgeschiedene Pigmentkörperchen der Melanomzellen, blau: DNA in den Zellkernen).

Das Melanom, der bösartige schwarze Hautkrebs, entsteht aus pigmentbildenden Zellen, den Melanozyten in der obersten Hautschicht, der Epidermis. Als zentraler Schritt bei der Krebsentstehung gilt, dass ein wachsender Tumor sein Ursprungsgewebe verlässt und invasiv in benachbarte Gewebe eindringt. Ein Melanom dringt von der Epidermis aus in die darunter liegende Lederhaut, die Dermis, vor.

„Die Dermis ist von Blutgefäßen durchzogen. Sobald der wachsende Tumor diese Gefäße erreicht hat, kann er über die Blutbahn die gefährlichen Fernmetastasen absiedeln", erklärt Jörg Hoheisel vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Während ein früh erkanntes Melanom meist durch operative Entfernung des Tumors heilbar ist, verlaufen metastasierte Melanome meist tödlich.

Gemeinsam mit Kooperationspartnern um Carmit Levy von der Tel Aviv University untersuchte Hoheisel die zellbiologischen Vorgänge, die zur Ausbreitung und Invasion der Melanomzellen führen. Ziel der Forscher war es, molekulare Mechanismen aufzudecken, die diese Vorgänge steuern und die sich möglicherweise mit Wirkstoffen aufhalten lassen.

Normalerweise sorgen Melanozyten für die Pigmentierung unserer Haut, indem sie kleine, zellmembranumhüllte Bläschen absondern, die das Hautpigment Melanin enthalten und als Melanosomen bezeichnet werden. Umgebende Hautzellen (Keratinozyten) nehmen diese Pigmentkörperchen auf, was zur Bräunung der Haut führt.

Das deutsch-israelische Forscher-Tandem entdeckte nun an Gewebeproben, dass Melanomzellen, noch bevor sie aus der Epidermis in die Dermis eindringen, dort angesiedelte Bindegewebszellen beeinflussen. Diese Bindegewebszellen nehmen die Pigmentkörperchen auf, wodurch sie quasi umprogrammiert werden: Sie teilen sich und produzieren andere Botenstoffe. „Sie zeigen genau das bekannte Erscheinungsbild, das wir aus der Umgebung vieler Tumoren kennen: Die umprogrammierten Bindegewebszellen schaffen so eine komfortable Nische, in die sich der neu entstehende Tumor einnistet", erklärt Jörg Hoheisel.

Die Forscher fanden nun erstmals heraus, wie diese Umprogrammierung zustande kommt: Die Pigmentkörperchen von normalen und von entarteten Melanozyten unterscheiden sich in ihrem Inhalt, insbesondere in den kleinen RNA-Molekülen (microRNAs), die sie transportieren. So enthalten die Pigmentkörperchen aus entarteten Zellen große Mengen der microRNA-211. Dieses Molekül startet in Bindegewebszellen einen krebsfördernden Signalweg, der auf die Krebszellen zurückwirkt und ihre Ausbreitung fördert.

Die Erkenntnis, wie das Melanom seine eigene Ausbreitung fördert, brachte die Forscher auf die Spur möglicher Wirkstoffe, die in diesen Prozess eingreifen könnten: Sie testeten einen Wirkstoff, der den „Versand" der Pigmentkörperchen unterbindet. An Melanomzellen in der Kulturschale konnte die Substanz tatsächlich die Menge der ausgestoßenen Pigmentkörperchen deutlich reduzieren. Ein weiterer Wirkstoff blockierte erfolgreich den krebsfördernden Signalweg in den umprogrammierten Bindegewebszellen.

„Die beiden Substanzen sind nicht als Medikament zugelassen. Das war ein allererster Versuch, der noch nichts darüber aussagt, ob diese Wirkstoffe im Patienten tatsächlich gegen die Ausbreitung des Melanoms helfen können", sagt Jörg Hoheisel. Als nächstes wollen er und seine israelischen Kollegen analysieren, ob ähnliche Mechanismen wie im Melanom auch bei anderen Tumorarten vorliegen. Ziel ist es, die Metastasierung von Tumoren zu unterbinden, die weitaus häufiger für den Tod von Krebspatienten verantwortlich ist als die Primärtumoren.

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