HIV: Eine Wurminfektion verdoppelt das Ansteckungsrisiko
© Achim Hoerauf/Uniklinikum Bonn
„Besonders betroffen sind Jugendliche und junge Erwachsene: Ihr Risiko, sich mit HIV zu infizieren, stieg circa um das 3-fache, wenn sie mit Wuchereria bancrofti infiziert waren“, erklärt Dr. Inge Kroidl aus der Abteilung Infektionserkrankungen und Tropenmedizin am Klinikum der Universität München (LMU). Wissenschaftler des Tropeninstituts der LMU haben die Studie gemeinsam mit Wissenschaftlern an der Universität Bonn sowie mit der Afrikanischen Partnerinstitution des DZIF in Tansania durchgeführt.
Wurminfektion mit schweren Folgen
Eine Infektion mit dem Fadenwurm Wuchereria bancrofti führt zur lymphatischen Filariose, einer Erkrankung der Lymphgefäße, die im schlimmsten Fall zur Elephantiasis führt. Das Bild von elefantös verformten Gliedmaßen ist in Afrika keine Seltenheit. Die in afrikanischen Ländern gegen diese Würmer eingesetzte Medikamentenkombination wirkt nur gegen die von den Würmern produzierten Mikrofilarien, die ins Blut wandern und von dort über Mücken weiterverbreitet werden. Der erwachsene Wurm hingegen bleibt oft jahrelang im Lymphsystem des menschlichen Körpers lebendig und konnte somit bei den meisten Teilnehmern dieser jetzt in Lancet veröffentlichten Studie nachgewiesen werden.
Studie weist den Zusammenhang zwischen Wurminfektion und HIV-Risiko nach
In der zu Grunde liegenden Studie sollten HIV-Risikofaktoren in der Normalbevölkerung im Südwesten Tansanias identifiziert werden. Eine Untergruppe von 1055 Personen wurde nachträglich auf eine Infektion mit den Fadenwürmern (Filarien) untersucht. Insgesamt wurden 32 neu aufgetretene HIV-Infektionen beschrieben. Der Vergleich von Filarien-Infizierten mit nicht-Infizierten zeigt ein 3,2-fach erhöhtes Risiko für die HIV-Ansteckung bei den 14 bis 25-Jährigen, ein 2,4-fach erhöhtes Risiko für die 25 bis 45-Jährigen, und ein 1,2-fach erhöhtes Risiko für die über 45-Jährigen.
„Mit dieser ersten Bestätigung einer lange gehegten Hypothese fängt die Arbeit erst richtig an“, erklärt Prof. Michael Hoelscher, Leiter des Tropeninstitutes in München und Initiator der Kohorten-Studien, die bereits 2006 begonnen haben. Gemeinsam mit den Forschern der Universität Bonn sind weitere Studien geplant. „Wichtig sind jetzt Therapien, die auch die erwachsenen Würmer von W. bancrofti schnell eliminieren“, bekräftigt Prof. Achim Hörauf, der sich seit Jahren auch im DZIF mit Filarien beschäftigt und ein neues Medikament gegen diese Würmer entwickelt.
„Auch aus immunologischer Sicht sind die Ergebnisse dieser Studie interessant. Sie können uns helfen, Faktoren, die zu einer erleichterten Infektion beitragen, besser zu verstehen und so sowohl präventive als auch therapeutische Ansätze zu finden“, sagt Prof. Hans-Georg Kräusslich, Leiter der Virologie Universität Heidelberg und Koordinator des Schwerpunkts „HIV“ am DZIF.
Langfristige Forschungsförderung für Afrika
Möglich wurden diese Ergebnisse durch die Förderung der Europäischen Kommission, die bereits vor zehn Jahren zusammen mit dem Tansanischen Gesundheitsministerium begonnen hatte, die Forschungskapazitäten im tansanischen Gesundheitssystem zu stärken. Des Weiteren aber auch durch die Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das sich seit 2011 verstärkt für die Gesundheitsforschung in Afrika einsetzt. Dies kommt unter anderem durch die Förderung von fünf Forschungsnetzwerken für Gesundheitsinnovationen in Subsahara-Afrika mit einem Gesamtvolumen von rund 50 Millionen Euro zum Ausdruck, die dieses Jahr starten. TAKE-OFF, eines der fünf Netzwerke widmet sich der Filarienforschung. In ihm werden Prof. Hörauf und Dr. Kroidl ihre erfolgreiche Forschung zur Bekämpfung von Filarien in drei afrikanischen Ländern fortsetzen. "Es zeigt sich mit diesem Erfolg ganz deutlich, wie diese langfristige Förderung zur Ausarbeitung neuartiger Interventionen gegen die großen Krankheiten wie HIV beiträgt“, freut sich daher der stellvertretende Generaldirektor der Generaldirektion für Entwicklung und Internationale Zusammenarbeit der Europäischen Kommission, Klaus Rudischhauser.