Erstmals in Europa: Virologen können jetzt Infektionsprozesse an lebenden Zellen mikroskopieren
Michael Schindler, Bildquelle Universitätsklinikum Tübingen
Michael Schindler, Bildquelle Universitätsklinikum Tübingen
Das neue Mikroskop-System DeltaVision OMX SR der Firma GE kann mit sogenannter Superresolution Strukturen auflösen, die kleiner sind als es die physikalische Auflösungsgrenze erlaubt. Diese liegt bei 250 bis 300 Nanometer (nm). Zudem ist es so schnell, dass lebende Zellen mikroskopiert werden können. Für die sogenannten Superresolution-Mikroskopie-Methoden wurde 2014 der Chemie-Nobelpreis vergeben.
Der Tübinger Virologe, Prof. Dr. Michael Schindler, will das Mikroskop einsetzen, um Infektionen von humanen Zellen mit hochpathogenen Viren zu untersuchen, die eine Größe von 50 bis 150 nm haben – das entspricht etwa einem 10.000tel Millimeter. Dafür müssen die Viren mit Fluoreszenz markiert werden, und zwar so, dass sie nicht oder nur minimal in ihrer Vermehrungsfähigkeit eingeschränkt sind. Im Detail analysieren die Forscher wie das AIDS Virus HIV-1 oder das Leber-schädigende Hepatitis C Virus Zellen infizieren, in diesen zusammengebaut und wieder ausgeschleust werden. Dabei interessieren sich die Wissenschaftler für zelluläre Transportwege und molekulare Interaktionen.
„Wir haben schon erste Hinweise darauf, dass der Transport bestimmter Viren anders ist, als bisher angenommen“, so Schindler. „Dies könnte eine wichtige zellbiologische Entdeckung darstellen, für deren weitere Analyse das neue Mikroskop-System speziell geeignet ist“, führt der Virologe weiter aus. Das Forscherteam hat auch neue Medikamentenkandidaten, die den Zusammenbau von Viren in Zellen inhibieren sollen, und wird deren Wirkungsweise nun auf molekularer Ebene an lebenden infizierten Zellen untersuchen.
Mittelfristig rechnet die Arbeitsgruppe um Michael Schindler mit einer weltweiten Vernetzung mit Infektiologen, die Fragestellungen zur Erforschung der Infektion von lebenden Zellen mit gefährlichen Viren und Krankheitserregern an diesem System beantworten möchten.
Schindler konnte das 500.000 Euro teure Gerät bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über einen Großgeräteantrag einwerben. Es wurde hälftig von der DFG und vom Universitätsklinikum bezahlt.