Resistente Blutkrebszellen bekämpfen

Neue Erkenntnisse zu chronischer myeloischer Leukämie und möglichen Therapieansätzen

22.06.2016 - Deutschland

chronische myeloische Leukämie (CML) entsteht durch bösartige Veränderungen von blutbildenden Zellen des Knochenmarks und tritt meist bei älteren Menschen auf. Etwa 20 Prozent der Leukämie-Erkrankten im Erwachsenenalter leiden an dieser Art Blutkrebs. Das Protein Gab2 wirkt als Verstärker von krebserregenden Signalen und liegt bei CML oft in höherer Menge vor als in gesunden Zellen üblich. Freiburger Forschende haben in zwei Studien neue Erkenntnisse dazu gewonnen, wie CML und Gab2 zusammenhängen und welche Medikamente eine bestimmte Resistenz von Gab2 bei CML brechen können. Das Team um Dr. Tilman Brummer, Prof. Dr. Jörn Dengjel, Dr. Konrad Aumann und Dr. Sebastian Halbach hat seine Forschungsergebnisse in den Fachmagazinen „Leukemia“ und „Cell Communication and Signaling“ veröffentlicht. Dr. Gabriele Kröner, Geschäftsführender Vorstand der José Carreras Leukämie-Stiftung, freut sich: „Forschung bedeutet Fortschritt im Kampf gegen Krankheiten. Der gemeinnützigen José Carreras Leukämie-Stiftung ist es ein zentrales Anliegen, auf innovative Forschungsprojekte wie dieses zu setzen. Daher ist die Förderung dieses Projektes seitens der José Carreras Leukämie-Stiftung mit rund 200.000 Euro ein guter Einsatz von Spenden.“

Konrad Aumann

Blutbildende Zellen des Knochenmarks.

Das Protein Gab2 funktioniert ähnlich wie eine Mehrfachsteckdose für Proteine in einer Signalkette: Es kann ein Signal, das es erhält, an mehrere Enzyme weitergeben und dieses zudem verstärken. Ist Gab2 in hoher Menge vorhanden, entfaltet es häufig krebserregende Eigenschaften. Bei CML verstärkt Gab2 das Signal des Proteins Bcr-Abl: Dieses sorgt dafür, dass bestimmte Zellen im Knochenmark und im Blut unkontrolliert wachsen, und treibt somit den Krebs an. Bei der Therapie von CML kommen häufig Tyrosinkinaseinhibitoren (TKIs) zum Einsatz, die die Bcr-Abl-Aktivität blockieren. Doch auch wenn diese zielgerichtete Therapie erfolgreich ist, ist es nicht möglich, alle kranken Zellen – besonders die Leukämie-Stammzellen im Knochenmark – abzutöten. Eine lebenslange Behandlung ist erforderlich, um die Krankheit zu kontrollieren. Im Verlauf der Therapie erwerben viele Leukämien Resistenzen gegenüber den eingesetzten TKIs und es kommt zum Rückfall. Zudem gibt es primäre Resistenzen, bei denen Leukämie-Zellen von Beginn an ungenügend auf bestimmte TKIs ansprechen. Die primären und erworbenen Resistenzen stellen ein großes und noch schlecht verstandenes Problem bei der Behandlung der CML dar.

Das Freiburger Team hat gezeigt, dass die Medikamente Sorafenib und Axitinib, die bislang nur für Nieren- und Leberkrebs zugelassen sind, auch in CML-Modellsystemen Wirkung zeigen. In Zellkulturexperimenten waren beide Hemmer in der Lage, verschiedene Formen der TKI-Resistenz zu brechen: Resistenzen, die durch zusätzliche Mutationen des Gens BCR-ABL verursacht werden, sowie solche, die durch hohe Mengen des Proteins Gab2 hervorgerufen werden. Beide Medikamente könnten daher eine Alternative in der CML-Therapie darstellen – besonders bei und Patienten, die eine Resistenz gegenüber der bisherigen Medikation entwickelt haben.

Darüber hinaus wiesen die Forscher die wichtige Rolle von Gab2 bei der Entstehung und Ausbreitung der CML nach. In einem Mausmodell, in dem durch Einbringen von Bcr-Abl im Knochenmark die CML-Entstehung nachvollzogen werden kann, führte ein Mangel an Gab2 zu deutlich abgeschwächten oder ausbleibenden Krankheitssymptomen. Dies zeigt, dass Gab2 für die Entwicklung und das Fortschreiten der Krankheit zentral ist. Zukünftig könnten Ärzte Gab2 daher als Biomarker verwenden, also mithilfe einer Gab2-Messung darauf schließen, wie die Krankheit verlaufen wird. Außerdem könnte Gab2 als neues therapeutisches Angriffsziel in der Behandlung der CML dienen.

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