Migräne als Risikomarker für Schlaganfall und Herzinfarkt

15.06.2016 - Deutschland

Frauen, die unter Migräne leiden, haben langfristig ein leicht erhöhtes Risiko, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln. Wissenschaftler um Prof. Tobias Kurth, Leiter des Instituts für Public Health (IPH) der Charité – Universitätsmedizin Berlin, haben anhand einer Datenanalyse festgestellt: Migränepatientinnen erleiden im Vergleich eher einen Schlaganfall oder Herzinfarkt als Frauen ohne Migräne. Die aktuelle Auswertung greift auf Daten aus der amerikanischen Nurses' Health Study II zurück, die Ergebnisse sind jetzt im British Medical Journal erschienen.

Migräne ist eine verbreitete Kopfschmerzerkrankung, laut Berufsverband Deutscher Neurologen sind in Deutschland schätzungsweise ein Fünftel aller Frauen betroffen. Migräneerkrankungen werden bereits jetzt mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko in Verbindung gebracht. Dennoch existieren nur wenige Studien, die die Zusammenhänge zwischen Migräne, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und erhöhter Sterblichkeit aufzeigen. Nun haben amerikanische und deutsche Wissenschaftler unter der Federführung von Prof. Kurth die Daten von mehr als 115.500 Teilnehmerinnen der großangelegten Nurses' Health Study II ausgewertet.

Die Teilnehmerinnen waren zu Studienbeginn zwischen 25 und 42 Jahre alt und hatten keine diagnostizierten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Insgesamt 17.531 von ihnen, etwas mehr als 15 Prozent, litten unter einer ärztlich festgestellten Migräne. Im Untersuchungszeitraum von 1989 bis 2011 ist bei 1.329 dieser Frauen ein kardiovaskuläres Ereignis beobachtet worden. 223 der Frauen verstarben in der Folge. „Unsere Auswertung legt nahe, dass Migräne als ein wichtiger Risikomarker für Herz-Kreislauf-Erkrankungen betrachtet werden muss, insbesondere bei Frauen“, folgert Prof. Kurth. „Es hat sich gezeigt, dass Migränepatientinnen ein um 50 Prozent höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hatten als Nichtbetroffene. Das Risiko für einen Herzinfarkt war bei ihnen um 39 Prozent, für Schlaganfall um 62 Prozent und für eine Angina pectoris um 73 Prozent erhöht“, so der Wissenschaftler.

Die aktuelle Studie hat eine ganze Reihe von Faktoren einbezogen, die die Wahrscheinlichkeit von Gefäßerkrankungen erhöhen. Keine Informationen waren dagegen über einzelne Biomarker und migränespezifische Charakteristika, wie die Wahrnehmung einer Aura, enthalten. Weitere Forschungsarbeiten sind daher notwendig, um die Ursachen dieser Zusammenhänge genauer bestimmen zu können und vorbeugende Behandlungsmöglichkeiten zu finden. Ob bei Männern mit Migräne ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht, ist noch zu klären. „Migräneerkrankungen sind weit verbreitet, daher ist es dringend notwendig, die biologischen Prozesse zu verstehen, die an diesen Prozessen beteiligt sind, um Patienten vorbeugende Maßnahmen anbieten zu können“, so Prof. Kurth.

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