Warum sich Tumorbarrieren öffnen

31.05.2016 - Deutschland

Eine Forschergruppe unter Federführung der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) identifizierte erstmals eine Ursache, warum Dickdarmkarzinome für Bakterien durchlässig werden – ein schlechtes Prognosekriterium für betroffene Patienten. Die Studienergebnisse versprechen daher besondere Relevanz für die künftige klinische Anwendung.

UKR

Tumorgewebe, in dem IRAK-M nachgewiesen werden kann, weist eine Durchlässigkeit für Bakterien auf (links).

Etwa 40.000 Menschen erkranken in Deutschland jährlich neu an Dickdarmkrebs, der häufigsten Form von Darmkrebs. Das sogenannte Kolonkarzinom geht in den meisten Fällen aus Darmpolypen, Zellwucherungen der Dickdarmschleimhaut, hervor.

Bei etwa zwei Drittel der Dickdarmkarzinome tritt das Phänomen auf, dass die Barriere zum Darmlumen und somit zu den Darmbakterien durchlässig wird. Die Ursachen hierfür können bislang nur unzureichend erklärt werden. Ein Forscherteam um Professor Dr. Stefan Fichtner-Feigl, Stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des UKR, und Dr. Rebecca Kesselring, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik und Poliklinik für Chirurgie des UKR, konnte nun erstmals einen Wirkzusammenhang entdecken.

Die Ausgangshypothese, mit der die Wissenschaftler ihre Untersuchung begannen, lautete, dass IRAK-M, ein körpereigenes Kontrollmolekül des Immunsystems, eine Rolle bei der Aufrechterhaltung der Tumorbarriere spielt. Um dies zu überprüfen, untersuchte die Forschergruppe Gewebeproben von rund 600 Tumoren. Die Ergebnisse ihrer Analyse widersprachen aber der Initialhypothese. Gewebeproben von Dickdarmkarzinomen mit einem hohen IRAK-M-Gehalt, wiesen gleichzeitig eine durchlässige Tumorbarriere auf.

Durch die poröse Barriere können Darmbakterien in den Tumor einwandern. Sie lösen Entzündungsreaktionen aus, die den Tumor zum Wachstum anregen. „Als Fazit konnten wir zeigen, dass Kolonkarzinome, die durch ein Vorkommen von IRAK-M charakterisiert waren, sich durch ein geringeres Absterben von Tumorzellen und ein generell schnelleres Wachstum auszeichneten. Für die betroffenen Patienten bedeutete dies eine signifikant schlechtere Prognose“, führt Professor Fichtner-Feigl aus.

Die Erkenntnisse, die die Forscher in ihrer Untersuchung gewonnen haben, bringen die Wissenschaft ein großes Stück weiter. IRAK-M wurde als Molekül identifiziert, das mit der Instabilität der Tumorbarriere zusammenhängt. Künftig kann es daher als Marker verwendet werden. „Eine Analyse des Tumorgewebes auf IRAK-M kann in Zukunft Auskunft über die Prognose des einzelnen Patienten geben. So können Therapie und Nachkontrolle spezifisch angepasst werden“, erläutert Dr. Kesselring. Außerdem ergibt sich die Option, die Funktion von IRAK-M im Tumor zu unterbinden. So könnte die Prognose für die betroffenen Patienten verbessert werden. Hierzu schließen sich nun weitere Forschungsarbeiten an.

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