Der Pharma-Dialog, ein Schwellenwert und die kleine Preisbremse

13.04.2016 - Deutschland

(dpa) Im deutschen Gesundheitswesen kommt es ganz selten vor, dass alle Gesprächspartner doch recht zufrieden den Tisch verlassen. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ist das mit dem Pharma-Dialog gelungen. Für jeden war nach anderthalb Jahren Diskussion etwas Positives dabei, jede Seite hat ein bisschen was bekommen.

Die Pharma-Industrie bekam die erhoffte Wertschätzung der Politik zurück, die sie so sehr vermisst hatte. Sie war vor gut fünf Jahren, als ihr gegen alle Erwartungen FDP-Minister die Arzneimittelmarktreform AMNOG einbrockten, derangiert, ihr Image war schlecht. Gröhe sorgte mit dem Dialog für die nötigen vertrauensbildenden Maßnahmen.

Die Pharmaverbände lobten die Politik dafür, dass es endlich mal möglich war, einen Blick auf das gesamte System zu werfen, nicht nur auf einzelne Ausschnitte. Alles konnte angesprochen werden, es gab keine Denkverbote. Und mit der Beteiligung von Gesundheits-, Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium von Regierungsseite waren von vorneherein zwei Ressorts auf ihrer Seite.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hatte denn auch immer wieder beklagt, dass von Seiten der Versicherten niemand ständig in den Dialog eingebunden war. Schließlich zahlen vor allem sie die ganzen Verabredungen zwischen Politik, Industrie, Wissenschaft und Gewerkschaft. Gröhe schloss Kostensteigerungen durch die Verabredungen nicht aus.

Nach Abschluss des Dialogs über die Zukunft der Pharma-Industrie in Deutschland liegt nun ein Katalog auf dem Tisch, der allerdings noch ausgestaltet werden muss. Und das wird wohl nicht ganz einfach werden.

Zentraler und zugleich schwierigster Punkt dürfte die Reform der Arzneimittelmarktreform (AMNOG) sein. Hier musste die Pharma-Industrie eine Kröte schlucken. Gröhe will künftig die Schrauben bei der Preisbildung für neue, besonders teure Medikamente etwas anziehen.

Erreicht ein Präparat vor Ablauf eines Jahres mit seinem Umsatz einen gewissen Schwellenwert, soll der Preis rückwirkend gesenkt werden können, und zwar auf den niedrigeren «Erstattungsbetrag», der innerhalb von zwölf Monaten von Hersteller und GKV-Spitzenverband auszuhandeln ist. Bisher ist es so, dass der Hersteller im ersten Jahr den Preis für eine Innovation selbst festlegen kann, danach gilt der Erstattungsbetrag.

Es ist eine kleine Preisbremse und bei weitem nicht das, was sich die Krankenkassen erhofft haben. Sie wollen die Rückwirkung zum ersten Tag der Markteinführung, um endlich die viel zitierten Mondpreise weg zu bekommen. Aber auch sie erkennen an, dass es ein deutliches Signal Gröhes ist. Spannend ist nun, wie Gröhe diesen Schwellenwert ausgestaltet. Er ließ schon erkennen, dass er um die 250 Millionen Euro liegen könnte. Letztlich solle es nicht den Mittelstand treffen, sondern nur einige Große.

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), Hagen Pfundner, warnte, werde der Schwellenwert zu niedrig angesetzt, könne er den Unternehmen die Innovationsfreude nehmen. Liege er zu hoch, greife er nicht.

Bis zum Sommer will Gröhe einen Gesetzentwurf vorlegen. Dabei ist Eile geboten. Denn schafft er es bis dahin nicht, dürfte ihm das Wahljahr 2017 die Frucht verhageln, die AMNOG-Reform wäre fürs Erste wieder dahin.

Pfundner prophezeite schon: Bis die genauen Daten der Umsatzschwelle klar seien, erwarte er noch heftige Diskussionen. Denn eigentlich können die Pharma-Verbände nicht gutheißen, dass nach dem AMNOG vor fünf Jahren eine weitere - wenn auch kleine - Preisbremse die Geschäfte ihrer Mitgliedsunternehmen beeinträchtigt. Es sei denn, sie müssten eine noch größere Kröte schlucken.

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